Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Oeffentliche Rechte und Pflichten 7 
  
übung der Verwaltung und der Rechtspflege ge- 
währen (Gemeindeämter, Geschworenenamt usw.) 
Sieht man von den allgemeinen Pflichten der 
Treue und des Gehorsams und denjenigen Pflich- 
ten, welche auch als 5. R. betrachtet werden kön- 
nen, ab, so kommen hauptsächlich folgende 5. P. 
in Betracht: 1. die Wehrpflicht I#I in ihren ver- 
schiedenen Abstufungen, 2. der sog. Schulzwang; 
3. die Zeugnispflicht, d. h. die Verpflichtung, sich 
vor Gericht und vor öffentlichen Behörden als 
Zeuge vernehmen zu lassen; 4. die Steuerpflicht 
in ihren verschiedenen Formen, namentlich auch, 
Leistungen und Abgaben für Zwecke der Ge- 
meindeverbände zu machen; 5. die Pflicht, für 
öffentliche Zwecke Eigentum abzutreten IJ Ent- 
eignung) und Eigentumsbeschränkungen zu dul- 
den; 6. die Leistungen, welche Gemeinden und 
andere öffentliche Korporationen zu öffentlichen 
Zwecken zu machen haben, wie z. B. die Pflicht 
zur Unterhaltung öffentlicher Wege, Schulen usw. 
5 5. Entstehung, Beränderung und Untergang. 
I. Privatrechtliche Befugnisse und Verpflich- 
tungen setzen für ihr Entstehen und Bestehen in der 
Regel lediglich die Rechtsfähigkeit der berechtigten 
und verpflichteten Person voraus, während es auf 
Staats-- oder Gemeindeangehörigkeit, Geschlecht, 
Alter, Unbescholtenheit, Selbständigkeit usw. ge- 
wöhnlich nicht ankommt. Ebenso können nicht 
bloß physische, sondern auch juristische Personen 
in privatrechtlichen Verhältnissen stehen. Anders 
bei den 5. R. und Pflichten. 
Ein großer Teil der ö. R., namentlich der sog. 
Grundrechte und politischen Rechte, setzt die phy- 
sische Persönlichkeit voraus; doch können auch 
juristischen Personen, wenn auch in beschränktem 
Maße, öffentlich-rechtliche Befugnisse zustehen. 
So sind z. B. nicht selten Gemeinden und Korpo- 
rationen (z. B. Universitäten) im Besitze von 
Wahlrechten oder der Befugnis, ihre Vertreter 
an politischen Körperschaften teilnehmen zu lassen. 
Bezüglich der ö. P. ist zu bemerken, daß die sach- 
lichen Leistungspflichten, wie die Steuerpflicht, 
auch den juristischen Personen obliegen, während 
dies natürlich bei den persönlichen Leistungen 
auszeichlossen ist. 
II. Entstehung und Fortdauer der ö. R. und P. 
setzt natürlich Rechtsfähigkeit voraus. Außerdem 
sind aber Erwerb und Fortdauer der 
5. R. gewöhnlich von gewissen besonderen Vor- 
aussetzungen abhängig. 
1. Staatsangehörigkeit ( wird 
vorausgesetzt bei allen politischen Rechten, ferner 
bei 5. P., bei denen es sich um persönliche Lei- 
stungen handelt, wie die Wehrpflicht. Dagegen 
werden sachliche Leistungen (Steuern) auch von 
Ausländern IXI verlangt, wenn sie im Inlande 
wohnen oder durch inländischen Vermögens- 
besitz mit dem Staate in gewisser Verbindung 
stehen. Umgekehrt werden die meisten Grund- 
rechte und anderen 5. R. auch Ausländern ein- 
geräumt. Doch geschieht dies vorbehaltlich völker- 
rechtlicher Abmachungen, insofern lediglich ver- 
günstigungsweise, als Ausländer jederzeit ausge- 
wiesen (Iwerden können. Bei Rechten und Pflich- 
ten, die sich in ihrer Wirksamkeit auf einen Kom- 
munalverband (Korporation) beschränken, wird 
gewöhnlich die Zugehörigkeit zu diesem Verbande 
verlangt. 
2. Männliches Geschlecht. Politische Rechte 
  
stehen gewöhnlich nur Männern, ausnahms- 
weise auch Frauen (KÜ zu, z. B. das Gemeinde- 
wahlrecht. Bei den Grundrechten und andern 
5. R. kommt es dagegen durchweg auf das Ge- 
schlecht nicht an (z. B. 5 11 GewO). Bei sachlichen 
Leistungspflichten ist natürlich das Geschlecht 
leichgültig; bei persönlichen Leistungspflichten 
ommt es darauf an, ob dieselben der Natur 
(Wehrpflicht) oder der Absicht des Gesetzes nach 
(Gerichtspflicht) nur von Männern zu leisten sind. 
3. Gewisses Lebensalter (Voll- 
jährigkeit, 25. oder 30. Lebensjahr) ist Voraus- 
setzung der politischen Rechte, und zwar in der 
Weise, daß nicht bloß die persönliche Ausübung des 
Rechts von der Erreichung der bestimmten Alters- 
grenze abhängt, sondern das Recht überhaupt erst 
mit diesem Zeitpunkte entsteht (Wahlrecht). Die 
Grundrechte und sonstigen 5. R. sind in der Regel 
von einem bestimmten Lebensalter nicht abhängig, 
doch kann die selbständige Ausübung des Rechts 
an ein bestimmtes Alter gebunden sein, z. B. beim 
Recht der Wohnsitzbegründung. Bei ö. P., deren 
Inhalt sachliche Leistungen sind, ist das Lebensalter 
gleichgültig. Bei persönlichen Leistungen kommt 
es auf den Charakter der Leistung an (Wehr- 
pflicht, Zeugnispflicht). 
4. Selbständigkeit und Unbeschol- 
tenheit sind in der Regel Erfordernisse der po- 
litischen Rechte. Auch bei 5. P. (z. B. Wehrpflicht, 
Gerichtspflicht) kommt die Unbescholtenheit in 
Betracht. 
III. Entstehungsgründe der ö. R. 
und P. Die Entstehung eines jeden Rechtsver- 
hältnisses setzt voraus: 1. einen Rechtssatz (Gesetz 
oder Gewohnheit), welcher an einen bestimmten 
Tatbestand ein subjektives Recht oder eine Pflicht 
anknüpft; 2. einen bestimmten Tatbestand, von 
dessen Vorhandensein die Rechtsordnung die Ent- 
stehung des Rechts oder der Pflicht abhängig macht. 
Das Gesetz (Verordnung, Statut) kann un- 
mittelbar an einen gewissen Tatbestand ein ge- 
wisses Recht oder eine bestimmte Pflicht anknüp- 
fen. So stehen z. B. die Grundrechte jedem 
Staatsangehörigen lediglich infolge der Tatsache 
der Staatsangehörigkeit zu. Das Reichstags- 
wahlrecht knüpft sich an die Tatsache, daß jemand 
männlichen Geschlechts ist, die Reichsangehörig- 
keit besitzt und ein gewisses Alter erreicht hat. 
Ebenso ist es bei der Wehrpflicht, bei der Steuer- 
pflicht usw. In allen solchen Fällen entstehen die 
Rechte und Pflichten ex lege, ohne daß eine be- 
sondere Erwerbs= bezw. Entstehungstatsache vor- 
zuliegen braucht. 
In anderen Fällen dagegen wird dies doch 
verlangt. Als besondere Erwerbs-- und Ent- 
stehungsgründe für 5. R. und P. kommen in 
Betracht: 
1. Verleihung ö. R. durch Verfügung (j, 
Konzession (M oder Privileg (JI. Gleichgültig ist, 
ob der Erwerber einen gesetzlichen Anspruch auf 
das von ihm verliehene Recht hatte oder ob die 
Verleihung lediglich vom Ermessen der Behörde 
abhing. Ebenso können 5ö. P. durch behördliche 
Verfügung entstehen, z. B. die Verpflichtung, ein 
bestimmtes Grundstück zu einem böffentlichen 
Zwecke abzutreten. 
2. Durch Wahl können 5. R. und P. über- 
tragen oder begründet werden, so z. B. das Recht 
der Teilnahme an gesetzgebenden Versammlungen,
	        
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