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Tarifvertrag — Taubstumme
Deutschen Reich“, bearbeitet im Kaiserl. Statist. Amt, Ab-
teilung für Arbeiterstatistit; Die T. im Jahr 1910 und 1911
nebst je einem Anhange. Die Tarifgemeinschaften der
FJahre 1910 und 1911 im Handwerke (bearbeitet im Kaiserl.
Statist. Amt, Abt. für Arbeiterstatistik. 4. und 5. Sonderheft
zum Ka Bl); Boysen und Einzheimer, Ge-
neralstreik und Tarifvertrag (GKc XV S 40 ff, 78 ffl;
Burchardt und v. Schulz, Die Rechtsverhältmisse
der gewerblichen Arbeiter, 137 ff und die dort angegebene
Literatur; Jastrow, Arbeiterschutz, 1912, S 102;
Fanny Imle, Die T. zwischen Arbeitgebern und Arbeit-
nehmern in Deutschland, 1907; Köppe, Der kollektive
Arbeitsvertrag als Gegenstand der Gesetzgebung (Jahr-
bücher für Nationalökonomie und Statistik 85, 289 ffj;
Der neueste soziale Fortschritt in der Buchdruckertarif-
gemeinschaft (Jahrb N Oek 87, 744); Die neueste Entwicklung
der ArbeitsT. in Deutschland (Jahrb N Oek, III. Folge, 38,
289 ff); Lotmar, Die T. zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern (Archiv für soziale Gesetzgebung und Stati-
stik 15, S 1—122); Der Arbeitsvertrag, Bd. 1 1902, Bd. U.
1908; Schriften der Gesellschaft für Soziale Reform, Heft 45
und 46; Mamroth, Gewerblicher Konstitutionalismus,
1911; Siegfr. Oppenheimer, Das Einigungswesen
an den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten, 1913:; Rath,
Tarifvertrags= und Einigungswesen im Auslande in „Das
Einigungsamt“ 1913, 9; Einsheimer, Brauchen
wir ein Arbeitstarifgesetz? in Schriften der Gesellschaft für
Soziale Reform, Heft 44; Verhandlungen des 29. deutschen
Juristentags (Gutachter: Ettinger, Kobatsch, v. Schulz,
Zimmermann); Wölbling, Die gesetzliche Regelung
der T. (Arch für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 29,
S 481 ff und 868 ff), ferner die Unabdingbarkeit der T. im
GKG XIX Nr. 5: Zimmermann, Rechtsfragen
des Arbeitstarifvertrags (Haftung — Abdingbarkeit in
Schriften der Gesellschaft für Sosiale Reform, Heft 42/48.
— Zeitschriften: Bibliographie der Sozialwissen-
schaften, das Einigungsamt, das Gewerbe= und Kaufmanns-
gericht, Soziale Praxis. v. Schulz.
Taubstumme
* 1. Allgemeines. 1 2. Taubstummenfürsorge im all-
gemeinen. # 3. Ausbildung und Anstalten. 1 4. Recht-
liche Stellung der Taubstummen.
51. Allgemeines. Im praktischen Sinne ver-
steht man unter Taubstummen solche- Per-
sonen, deren Sprechwerkzeuge an sich normal
sind, die aber ihren Gebrauch infolge von Taub-
heit überhaupt nicht gelernt oder wieder ver-
lernt haben und bei denen dieser Zustand als
dauernd und unheilbar angesehen werden muß.
Jedes Kind wird stumm geboren; durch das Ge-
hör erlernt es die Sprache durch Nachahmung des
Gehörten und wird sprechend. Ein taubgeborenes
Kind bleibt demnach auch stumm; dasselbe ist der
Fall bei hörend geborenen Kindern, die ihr Gehör
verlieren, ehe sie sprechen gelernt haben. Aber
auch Kinder, dic schon sprechen konnten, verlernen
bei Verlust des Hörvermögens fast ausnahmslos
wieder die Sprache und werden taubstumm, falls
die Taubheit vor dem 6.—7. Lebensjahre eintritt.
Von den Taubstummen sind die Hörstummen zu
unterscheiden, die trotz vorhandenen Gehörs und vollen
Wortverständnisses nicht sprechen können; es handelt sich
hier meist um eine verzögerte Entwicklung des Sprach-
zentrums im Gehirn, die sich jedoch allmählich durch fort-
gesetzte Hör= und Sprechübungen wieder bessert und in vie-
len Fällen sogar vollständig gehoben wird.
Ungünstig liegen dagegen in dieser Hinsicht die Ver-
hältmisse bei der idiotischen oder psychischen Taubheit, die
auf einer mangelhaften Entwicklung des Sprachzentrums
bei gleichzeitig vorhandenen anderen psychischen Defekten
beruht; hier ist trotz vorhandenen Gehörs jede Besserung
ausgeschlossen.
Tritt Taubheit erst nach dem 6.—7. Lebensjahre
ein, dann pflegt die Sprache nicht wieder verloren
zu gehen; noch weniger ist dies natürlich der Fall,
wenn jemand erst nach völliger körperlicher und
geistiger Entwicklung und Berufsausbildung taub
wird. Solche im späteren Lebensalter taub ge-
wordene Personen können sich meist in ihrem bis-
herigen Beruf forthelfen oder noch einen anderen
wählen; sie bedürfen deshalb keines besonderen
Schutzes. Tritt Taubheit oder hochgradige Schwer-
hörigkeit allerdings kurz vor oder im Beginn der
schulpflichtigen Zeit ein, dann wird das Kind in
bezug auf seine Ausbildung am besten als Taub-
stummer behandelt und demzufolge einer Taub-
stummenanstalt überwiesen.
§s 2. Taubstummenfürsorge im allgemeinen.
Mag die Taubstummheit angeboren oder in den
ersten Lebensjahren erworben sein, die staat-
liche Fürsorge ist bei beiden Arten dieser Ge-
brechlichen die gleiche: Verhütung der Taub-
stummheit, Ausbildung der ausbildungsfähigen
Taubstummen, um sie dadurch soweit als mög-
lich zu brauchbaren, tüchtigen und wirtschaftlich
selbständigen Menschen zu machen sowie Für-
sorge für die nicht bildungsfähigen und wirtschaft-
lich unselbständigen Taubstummen und rechtliche
Sicherstellung aller Taubstummen, soweit eine
solche notwendig ist (unten § 4).
I. Die Maßregeln zur Verhütung der
Taubstummheit decken sich mit der Be-
kämpfung ihrer Ursachen, die verschieden sind,
je nachdem es sich um angeborene oder erworbene
Taubstummheit handelt. Bei der ersteren bilden
ebenso wie bei der Blindheit Trunksucht, Syphilis
usw. der Eltern sowie Vererbung eine große Rolle;
bei der erworbenen kommen hauptsächlich Ohr-
erkrankungen in Betracht, die häufig infolge von
anderen Krankheiten wie Masern, Diphtherie,
Typhus, Pocken, Milzbrand, Mumps, epide-
mische Kopfgenickstarte usw. auftreten. Auch
Gehirnkrankheiten sind nicht selten die Ursache
der erworbenen Taubstummheit.
Im allgemeinen wird angenommen, daß sich das Ver-
hältnis der angeborenen zur erworbenen Taubstummheit
wie 50,4: 49,6 stellt; in Wirklichkeit ist aber die letztere weit
häufiger (60—70 ⅝%), was schon daraus hervorgeht, daß bei
der Volkszählung von 1906 die Altersklassen unter 5 Jahren
weniger Taubstumme aufweisen als die vom 15. Jahre.
Die Taubstummheit ist häufiger bei den Juden als bei
der katholischen und evangelischen Bevölkerung (18,2: 84
und 9,0 / ), in wirtschaftlich ungünstigen Gegenden häufi-
ger als in solchen mit günstigen Lebensbedingungen (3. B.
in den östlichen preußischen Provinzen 16,6—10,7%/ gegen
5,.7—8, 4% % in den westlichen Provinzen), und auf dem
platten Lande und in den kleineren Städten verbreiteter
als in den mittleren Städten und in den Großstädten (12,3%6%
çgegen 5,9 und 3,7%e. J
Die zur Verhütung der Taubstummheit zu er-
greifenden staatlichen Maßnahmen decken sich