Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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der Fortdauer der Böhmischen suzeraineté hinsichtlich der bei 
Sachsen bleibenden, und nun das bisherige Land Oberlausitz mit 
seinen receßmäßigen Rechten fortsetzenden, Hälfte der Oberlausitz 
eingeschlossen ist. 
Als aber König Anton zur Regierung kam, und bei späteren 
Thronwechseln in Sachsen oder Oesterreich war von Lehenssuchung 
und Reichung keine Rede mehr. Das hängt wohl zusammen mit 
der Anficht, die sich im Deutschen Bund immer mehr ausbildete 
und späterhin in einzelnen Bundesbeschlüssen bestimmten Aus- 
druck fand, nach welchen die Lehensherrlichkeit eines Deutschen 
Landesherrn über ein Deutsches Gebiet eines anderen Deutschen 
Landesherrn ausgeschlossen ist. Muß daher die Oesterreichische 
Lehensherrlichkeit über die Oberlausitz als beseitigt angesehen 
werden, so folgt daraus nicht der Wegfall des Oesterreichischen 
Wiedereinlösungsrechts und die Auflösung des Vertrags von 1635. 
IV. Die Verfassung von 1831 hat in § 1 die Oberlausitz 
keineswegs eximirt; vielmehr ist gar nicht zu zweifeln, daß das 
erste Wort der Verfassungsurkunde „Das Königreich Sachsen“ 
auch die Oberlausitz mit begreift. Daraus würde weiter folgen, daß 
die ganze Verfassung auch für die Oberlausitz gilt, daß diese nicht 
mehr besonderes Land ist (was sie bisher noch war, selbst seit 
1817 Lausitzer Abgeordnete in die Erbländischen Stände aufge- 
nommen wurden s. v. § 2 V. 5), sondern integrirender Bestand- 
theil des einen Königreichs mit seiner einheitlichen Verfassung, 
und daß also insbesondere auch die §§ ö und 7 der Verfassungs- 
urkunde nunmehr auf die Oberlausitz mitzubeziehen sind. Dazu 
würde stimmen, daß in § 61 der Verfassung von einer Fortdauer 
der besonderen „Provinziallandtagsverfassung“ neben der „Kreis- 
tagsverfassung in den alten Erblanden“ die Rede ist. 
Aber Oesterreich hat auf seine Rechte nicht verzichtet und 
der Vertrag von 1035 wollte nicht für hinfällig erklärt werden. 
Die Verfassungsverhandlungen selbst enthalten die Lösung 
des Räthsels. Schon in dem Kgl. Decret vom 1. März 1831, 
mit welchen der Verfassungsentwurf an die Stände gebracht 
wurde, ist gesagt, es werden mit den Oberlausitzer Ständen be- 
sondere Verhandlungen wegen Anwendung der Verfassung auf 
die Oberlausitz stattfinden. Von einer entgegenkommenden, die
	        
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