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V. Das Resultat der vorausgehenden Untersuchung geht
also dahin, daß die Oberlausitz beim Abgang des Königlichen
Mannsstammes den Erblanden bei deren Uebergang an die
Ernestinische Linie oder an die Erbverbrüderten jedenfalls nicht
folgen würde, sondern an die weibliche Linie des Königlichen
Hauses, sei es an die Regredienterbin im Sinne des Traditions—
recesses, sei es an die weibliche Linie im Sinne des § 7 der
Verfassungsurkunde fallen würde. Die Verfassung steht dem nicht
im Weg. Insofern also ist immer noch die Oberlausitz ein beson-
deres Land. Die eventuelle Ablösbarkeit vom Königreich steht
immer noch im Hintergrund. Die eventuelle Wiedervereinigung
mit Oesterreich aber ist beseitigt und lann keine Wirkung mehr
ausüben.
So lange aber der Mannsstamm des Königlichen Hauses
Sachsen besteht — und dies soll von jetzt an allein zur Grundlage
genommen werden — bildet die Oberlausitz einen Bestandtheil des
Königreichs im Sinne des § 1 der Verfassungsurkunde, fällt also
ununterschieden mit den Erblanden unter die einheitliche Ver-
fassung und hat für sich nur noch die Bedeutung einer Provinz
des einheitlichen Staates. Als solche steht sie mit ihrer eigenen
Verfassung da, unterscheidet sich aber auch jetzt noch von anderen
Communalverbänden abgesehen von ihrer Einrichtung durch die
fortbestehende Vertragsmäßigkeit ihres Rechtes. Denn so wurde
es immer angesehen, daß nicht blos Oesterreich, sondern die Ober-
lausitz selbst, in ihren Ständen, Rechte aus dem Traditionsreceß
habe, die durch den Wegfall des Oesterreichischen Wiedereinlösungs-
und Heimfallsrechts nicht beseitigt wurden. Dies ist insbesondere
der Standpunkt der Provinzialverfassung von 1834, die selber auf
Vertrag beruht. Namentlich gehört hierher der Satz des § 56 der
Provinzialverfassung, in welchem der Oberlausitz „zugesagt“ wird,
„daß an den Bestimmungen dieses Vertrags niemals etwas ge-
ändert werden soll als nach vorheriger ausdrücklicher Zustimmung
der Provinzialstände“. Nicht einmal im Wege des Verfassungs-
gesetzes (auf Grund des § 152 der Verfassungsurkunde des König-
reichs) könnte dies geschehen, weil der Vertrag von 1834 zugleich
gedeckt ist durch den Landtagsabschied von 1831 und die Ver-