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der Verfassung sein, daß die Stände sammtliche Ansätze des Bud-
gets nach Belieben zu akzeptiren oder nicht zu akzeptiren berech-
tigt sein sollen. „Annahme“ ist als Anschlag zu verstehen. Da
die einzustellenden Summen sehr häufig nicht genau bestimmt
sind, also dieselben in verschiedener Höhe „angenommen“ werden
können, so sollen die Stände bei solchen auf Annahme beruhenden
Summen, sich über die Annahme der Regierung entschließen;
sie können also derselben eine andere Annahme entgegensetzen. Im
Uebrigen soll das Recht der Stände darin bestehen „die Noth-
wendigkeit, Zweckmäßigkeit und Höhe der Ansätze zu prüfen und
deshalb Erinnerungen zu machen.“ Wegen solcher Ansätze also,
welche die Stände als nicht nothwendig oder zweckmäßig, oder
als zu hoch erkennen, dürfen sie Erinnerungen machen. Andern-
falls haben sie dieselben im Sinne der Versassung zu akzeptiren.
Die Nothwendigkeit kann eine rechtliche sein oder auch eine Noth-
wendigkeit vom Standpunkt der guten Verwaltung; die Verfassung
redet allgemein. Die Höhe der Ansätze braucht nicht identisch mit
der „Annahme der angesetzten Summen" genommen zu werden;
die Frage, ob für einen Zweck zu viel verwendet wird, ist eine
andere als die, ob der Voranschlag zu hoch ist. Wenn nun aber
den Ständen in diesen Beziehungen blos ein Recht zu Erinne-
rungen zugestanden wird, so kann dies doch nur verstanden werden
im Sinne der Motivirung derjenigen Ansätze, welche sie selbst
den Ansätzen der Regierung gegenüber stellen, nicht als ein Verbot,
das letztere zu thun. Ebenso ist § 100 der Vll. aufzufassen; der
Ständische Antrag auf Verminderung des verlangten Bedarfs ge-
schieht eben durch Entgegensetzung andrer Sätze und dies soll
genau motivirt werden unter dem Nachweis der Möglichkeit von
Ersparnissen.
Alle diese Bestimmungen sind viel zu allgemein und vag,
als daß sie eine rechtlich bestimmte Begrenzung bilden könnten.
Noch weniger enthält § 102 eine solche. Denn wenn hier gesagt
ist, es dürfe die Ständische Bewilligung nicht an Bedingungen
geknüpft werden, welche nicht das Wesen oder die Verwendung
der Bewilligung unmittelbar betreffen, so will damit zunächst die
Möglichkeit, die Budgetbewilligung zur Durchsetzung von Wünschen,
die sich nicht auf die Ordnung des Staatshaushalts beziehen, zu