Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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1870 an.“) Danach bedürfen Vereine oder Genossenschaften, welche 
einen besonderen religiösen Kultus üben wollen, der staatlichen 
Genehmigung. Aus den ständischen Verhandlungen und auch 
aus § 21 selbst ergiebt sich, daß man dabei nur solche Vereine 
im Auge hatte, welche Religionsgemeinden constituiren, ein Be- 
kenntniß formuliren und für eine besondere Religionsübung Normen 
aufstellen. Vereine, bei denen dies nicht der Fall ist, die nur zu 
gegenseitiger Erbauung sich versammeln, ohne Aergerniß zu erregen, 
sollen staatlicher Genehmigung nicht bedürfen. Dies wird als 
Ausfluß der Gewissensfreiheit angesehen. 
Das Gesetz von 1870 enthält also vor Allem eine Erweiterung 
der Gewissensfreiheit. Hinsichtlich dieser Vereine, welche der Ge- 
nehmigung nach § 21 nicht bedürfen, greift dann aber die Ver- 
einsgesetzgebung mit ein (s. auch Verordnungen vom 19. Juli 1845, 
vom 11. August 1851). 
Dann aber giebt das Gesetz von 1870 die Möglichkeit zur 
Bildung von Religionsgesellschaften der oben bezeichneten Art in 
Sachsen. In dieser Bestimmung muß nun auch die gesetzliche 
Festsetzung des § 52 der Verfassungsurkunde als ein für allemal 
gegeben erkannt werden. Solche Religionsgesellschaften müssen 
Statuten haben, und in diesen Statuten müssen ihre Religions- 
grundsätze und Normen für die Religionsübung festgestellt sein. 
Sind diese Statuten mit der Ehrfurcht gegen Gott, dem Gehor- 
sam gegen die Gesetze und mit der allgemeinen Sittlichkeit ver- 
einbar, und liegt nicht in der geringen Zahl der Theilnehmer 
oder in deren Persönlichkeit Grund zu Zweifeln über den zweck- 
entsprechenden Fortbestand des Vereins, dann müssen die Statuten 
vom Kultusministerium bestätigt werden, und damit ist dann die 
staatliche Genehmigung des Vereins selbst ertheilt. Die Cognition 
darüber, ob die Voraussetzungen der Genehmigung erfüllt sind, 
kommt lediglich dem Kultusministerium zu. Zu den Religions- 
gesellschaften, welche dieser staatlichen Genehmigung bedürfen, ge- 
hören alle Religionsgesellschaften in dem oben bemerkten Sinne, 
*) Anmerkung. Das Gesetz von 1870 gilt auch für die Oberlausitz 
und ist nach Gehör der Oberlausitzer Provinzialstände erlassen worden. Ver- 
ordnung vom 20. Juni 1870 Eing.
	        
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