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nahme an den allgemeinen Vortheilen, welche die Gemeinde ihren
Angehörigen bietet, auch an sog. Gemeindenutzungen (soweit diese
Vortheile und Nutzungen nicht von anderen Erfordernissen ab—
hängen) und an den Gemeindelasten. Dennoch ist schon für den
Begriff der Gemeindemitgliedschaft das Erforderniß der Selbst-
ständigkeit aufgenommen worden, nicht blos für die Ausübung
der politischen Gemeinderechte.
Was nämlich die Städte betrifft, so stehen die politischen Ge-
meinderechte nur denjenigen Gemeindemitgliedern zu, welche das
Bürgerrecht der Stadt erlangt haben. St O. 1 8§8 15 flg. Das-
selbe wird vom Stadtrath ertheilt, doch so, daß die Gemeindemit-
glieder zum Erwerb unter gewissen Voraussetzungen theils berech-
tigt theils verpflichtet sind. Die Berechtigung giebt das Recht,
die Ertheilung zu verlangen, aber auch allein das Recht, das
Bürgerrecht zu erwerben. Sind die Voraussetzungen der Berech-
tigung zum Erwerb nicht vorhanden, so kann auch der Rath das
Bürgerrecht nicht ertheilen. Und da er andrerseits das Bürger-
recht dem nicht zum Erwerb Verpflichteten nicht aufdringen kann,
so folgt, daß wo der Rath überhaupt in der Lage ist, das
Bürgerrecht zu ertheilen, er es ertheilen muß (wegen des Ehren-
bürgerrechts s. § 23 der St. 1).
Die Voraussetzungen der Berechtigung zum Erwerb (.. in
§ 17; (darunter namentlich Sächsische Staatsangehörigkeit, Alter
von 25 Jahren, 3 Mark directe Staatssteuer; dagegen nicht männ-
liches Geschlecht, obwohl Frauenspersonen nach § 44 von den
Wahlrechten ausgeschlossen sind). Zum Erwerb verpflichtet sind
die männlichen Berechtigten, welche seit drei Jahren im Gemeinde-
bezirk ihren wesentlichen Wohnsitz haben und mindestens 9 Mark
directe Staatssteuern entrichten. Die Mitglieder des Königlichen
Hauses sind von dieser Pflicht befreit St O. 1 § 20.
Die Landgemeinden haben kein besonderes Bürgerrechts-
institut. Aber die Wahlrechte sind doch auch von ähnlichen be-
sonderen Erfordernissen abhängig gemacht wie in den Städten
s. bes. LGO Ss 34, 35.
Neue Landgemeindemitglieder haben beim Eintritt das An-
gelöbniß nach § 15 der LG0O. zu leisten, Städtemitglieder bei
Ertheilung des Bürgerrechts nach § 16 der StO. I. Die Mit-