Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

218 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. § 69. 
lichen Befugnissen in Bezug auf die Begleitschein- und Versendungsschein -Abfertigung sowie mit 
grenzsteueramtlichen Befugnissen versehen und sind an den meisten Orten mit den Ortssteuerämtern 
(s. o.) vereinigt. 
d) Die Handhabung des Grenzzollschutzes liegt in Unterordnung unter das Hauptzollamt 
Friedrichshafen dem Grenzkontrolleur und der ihm untergebenen Grenzwache ob ¹). 
  
Siebenter Abschnitt. 
Die Selbstverwaltung und ihre Organe. 
§ 69. Vorbemerkungen. Als selbständige Verwaltungskörper, welchen 
der Staat die Ausübung eines Theiles seiner Hoheitsrechte auf einem örtlich begrenzten 
Gebiete übertragen, bezw. belassen hat, während er selbst die Normen für die Geltend- 
machung dieser Hoheitsrechte aufstellt und die Durchführung dieser Vorschriften 
überwacht, bestehen in Württemberg seit alten Zeiten die Gemeinden und Amtskörper- 
schaften ²). 
Im Herzogthum Württemberg galt eine ziemlich freie Gemeindeverfassung, welche in der 
Kommunordnung vom 1. Juni 1758 eine umfassende, an das bisherige Recht sich anschließende 
Regelung erhalten hatte. Die Stadt- und Dorfgemeinden hatten hiernach das Recht, ihre Ange- 
legenheiten selbst zu verwalten und ihre Beamten zu wählen; wenn auch dieses Recht der Selbst- 
verwaltung thatsächlich durch eine weitgehende Bevormundung seitens der die Aufsicht führenden, 
Regierungsbehörden, durch die lebenslängliche Berufung der Gerichts- und Rathsverwandten und 
die Uebertragung der Wahlrechte auf das „Gericht“ beeinträchtigt war. Ebenso hatten die im 
Jahre 1802 dem Lande inkorporirten Reichsstädte eine, allerdings sehr verschieden gestaltete Muni- 
zipalverfassung. Dagegen hatte sich in den geistlichen Territorien und in einem großen Theile der 
Besitzungen des mediatisirten Reichsadels, welche in den folgenden Jahren dem Lande zufielen, neben 
der vogteilichen und grundherrlichen Gewalt und einzelnen privatrechtlichen, markgenossenschaft- 
lichen Verbänden (sog. Realgemeinden) eine selbstständige öffentlich-rechtliche Gemeindeverfassung nicht 
zu entwickeln vermocht. 
Eine grundsätzliche Neugestaltung der Gemeindeverfassung für das ganze Königreich erfolgte 
erst, nachdem inzwischen das absolute Regiment der Rheinbundsperiode durch rücksichtslose Unifor- 
mirung der verschiedenen historischen Gestaltungen den Boden geebnet hatte — im Anschlusse an 
die §§ 62, 63, 65—69 der V. U. — durch das auf Grund des Landtagsabschieds vom 30. Juni 1821 
erlassene sog. Verwaltungsedikt vom 1. März 1822 und durch das Bürgerrechtsgesetz vom 4. De- 
zember 1833 (eine Revision des Bürgerrechtsgesetzes v. 15. April 1828). Dieser Gesetzgebung eigen- 
thümlich war die nach dem Vorbilde des französischen Rechts durchgeführte völlige Gleichstellung 
der städtischen und ländlichen Gemeindeverfassung, andererseits die schon im älteren württemberg. 
Recht begründete Entwickelung des Heimathsrechts aus dem Gemeindebürgerrecht. Dem von den 
Gemeindebürgern auf Lebensdauer gewählten, mit der Verwaltung sämmtlicher Gemeindeangelegen- 
heiten unter dem Vorsitze des Ortsvorstehers betrauten Gemeinderath wurde zur Vertretung der 
Bürgerschaft ein auf zwei Jahre gewählter Bürgerausschuß gegenübergestellt. Die Gesetzgebung 
des Jahres 1849 setzte den mit diesen Gesetzen eingeleiteten Nivellirungsprozeß fort, indem durch 
ein Ges. v. 18. Juni 1849 der Amts- und Gemeindeverband unter Aufhebung aller bisherigen 
Exemtionen auf das ganze Staatsgebiet ausgedehnt, durch die Novelle zum Verwaltungsedikt vom 
6. Juli 1849 aber unter Beseitigung der lebenslänglichen Wahl der Gemeinderäthe das allgemeine, 
 
1) A. a. O. § 19. 
2) Val. Mohl, II S. 143f., 149, 158; Wächter, Hdb. des württemberg. Priv. Rechts, 1 
S. 400 f., 839 f., 945f.
	        
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