415
vom 28. Juli 1818 zur Regelung des
gegenseitigen Verhaͤlmifses der katholischen
und proiestantischen Chegerichte getroffenen
Bestimmungen gleichmäßig in Anwendung zu
bringen.
Artikel 20.
In Ghescheidungssachen, welche bei den
gemaß Artikel 17 eingesetzten Ehegerichten
zur Cntscheidung kommen sollen, finden die
einschlägigen Bestimmungen des am Wohn-
orte des Beklagten für Protestanten gelten-
den Eherechtes, seweit sie mit den Vorschrif-
ten des gegenwärtigen Gesetzes vereinbar sind,
Anwendung.
Die bezeichneten Bestimmungen find unter
der angegebenen Beschränkung auch maß-
gebend für die mit der Ehescheidung zusam-
menhängenden besonderen richterlichen Aus-
sprüche über die Schuldfrage, die Ebeschei-
dungsstrafen und die Gestattung der Wieder-
verehelichung, ferner in Bezug auf blelbende
und vorübergehende Trennung von Tisch
und Bett, dann auf die Zulassung einer
vorläufigen Absonderung der Chegatten.
Artikel 21.
Das Verfahren in Ehesachen bel den ge-
mäß Artikel 17 bestimmten Ehegerichten
richtet sich nach den für das Verfahren vor
den protestantischen Ehegerichten geltenden
Vorschriften.
416
Artikel 22.
Bei den gemäß Artikel 17 eingesetzten
Ehegerichten ist vor der Verhandlung von
Klagen auf Ehescheidung oder Trennung von
Tisch und Bett ein Sühneversuch vorzu-
nehmen, zu welchem die streitenden Theile
persönlich und ohne Belstand zu erscheinen
haben.
Zu dem Sühneversuch kann auf Antiag
des Beklagten oder von Amtswegen ein
Seelsorger von dem Religionsbekenntnisse
der streitenden Theile oder bei gemischten
Ehen von jeder der betreffenden Religions-
gesellschaften beigeladen werden, deren Nicht-
erscheinen jedoch die Vornahme des Sühne-
versuchs nicht hindert.
Ist der Aufenthalt des Beklagten unbe-
kannt oder hält sich der Beklagte im Aus-
lande auf, so unterblelbt der Sühneversuch.
Das Gericht kann auch in anderen Fällen
auf Antrag des einen oder anderen Theiles
den Sühneversuch für entbehrlich erklären,
wenn demselben schwer zu beseitigende und
vom Kläger nicht verschuldete Hindernisse
entgegenstehen.
Erscheint der zum Sühneversuch vorge-
ladene Beklagte nicht, so ist die Sühne als
mißlungen zu betrachten, der Beklagte aber
an Geld bis zu 50 Gulden zu bestrafen.
Erscheint bel dem Sühneversuch der Kläger
nicht, so kann er innerhalb dreißig Tagen