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II. Besondere Bestimmungen für diejenigen
Landestheile, in welchen das bayerische Kand-
recht Geltung hat.
Artikel 26.
Die Beschränkungen, welche das bayerische
Landrecht Th. II Cap. 7 §F. 9 Nr. 5 und 6
bezüglich der Zulässigkeit des Besitzprozesses
in Serritutstreitigkeiten aufstellt, sind aufge-
hoben. Die gewöhnlichen Besitzklagen und
das im Hptst. XXII der neuen Prozeßord-
nung vorgezeichucte Verfahren finden auch in
Bezug auf Grunddienstbarkeiten statt.
Artikel 27.
Die Ziff. 2 des §. 11 Cap. 7 Thl. II
des bayerischen Landrechtes wird abgeändert,
wie folgt:
„2. Fundirt sich diese Klage in der
natürlichen Freiheit, folglich ist der Kläger,
welcher dem Beklagten seine angemaßte
Gerechtsame nur simpliciter negirt, den
Beweis zu machen nicht verbunden, sondern
es muß vielmehr der Beklagte selbst die
angebliche Servitut eder Gerchhtigkeit, un-
gcachtet er etwa in possessione wärc,
erweisen, cer sei denn wenigst in zehnjäh-
rigem ruhigen Besitze gewesen, welchenfalls
die praesumtio pro libertate der pro
Dossessione so lange ausweicht, bis gleich-
wohl die Freiheit in petitorio genüglich
dargethan ist."
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III. Besondere Bestimmungen für diejenigen
andestheile, in welchen das allgemeine preu-
Kische Landrecht Geltung hat.
1) Verfahren bei vorgeschriebenen
Anzeigen und Protestationen.
Artikel 28.
Wo das allgemeine preußische Landrecht zur
Erhaltung der auf einen gewissen Vorgang
bezüglichen Angriffs-, Vertheidigungs= oder
Beweismittel die gerichtliche Anzeige des Vor-
gangs vorschreibt, ist diese Anzeige auf der
Gerichtsschreiberei zu machen.
Daselbst ist auch die in Thl. I Tit. 20
§. 564 des allgemeinen preußischen Landrechts
vorgeschriebene Protestation anzubringen. Im
Uebrigen gelten bezüglich der Erhebung und
Zustellung von Protestationen die Bestim-
mungen des Art. 10 des gegenwärtigen Gesetzes.
Wo das allgemeine preußische Landrecht an
die Unterlassung der in Abs. 1 erwähnten
Anzeige die Folge knüpft, daß die Eideszu-
schiebung oder der Erfüllungseid nicht zulässig
ist, hat es dabei sein Bewenden.
2) Verfahren gegen Verschollenc.
Artikel 29.
Die Vorschriften der preußischen Gerichts-
ordnung Theil 1 Tit. 37 bezüglich des Ver-
fahrens gegen Verschollene bleiben in Kraft,