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beauftragen Wir Unser Gesammtstaatsmini-
sterium, beim Vollzuge der Bestimmungen des
§. 21 der IX. Beilage zur Verfassungs-Urkunde
und beziehungsweise Unserer Verordnung vom
10. März 1868 sein Verfahren im Sinne der
gedachten Bitte zu bemessen.
Unter den in vorstehender Ziffer 3 bezei
neten Stellen wollen Wir jedoch jene Functi
nen nicht verstanden wissen, welche von Uns auf
Grund der Satzungen solcher Unternehmungen, bei
denen das staatliche Interesse betheiligt ist, an
Staatsdiener übertragen werden.
Der Rückblick auf die Thätigkeit dieses Land-
tags und seine Leistungen gewähren in vielfacher
Beziehung ein befriedigendes Bild.
Durch die mit dem 1. Januar dieses Jahres
erfolgte Einführung des Reichsstrafgesetzbuches
in Bayern ist auf diesem wichtigen Gebiete die
Rechtseinheit für ganz entschland zur Verwirk-
lichung gelangt.
Die neue Regelung der Bestimmungen über
den Geschäftsgang des Landtages berechtiget zu
der Erwartung, daß es für die Folge möglich
sein werde, die Erledigung der dem Landtage
obliegenden Geschäfte ohne Beeinträchtigung ihrer
Gediegenheit mit einem verhältnißmäßig geringe-
ren Zeitanfwande zu bewältigen.
Mit wahrer Anerkennung begrüßen Wir die
Rückkehr zu definitiv geordneten Zuständen im
Staatshaushalte, zu deren Herbeiführung die
Volksvertretung gewissenhaft die and geboten hat.
Gerne geben Wir Un der Hoffunng hin,
daß sich die günstigen Voraussetzungen erfüllen
werden, von welchen bei Feststellung des Budgets
der XI. Finanzperiode ausgegangen worden ist.
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Wenn für Herstellung des Gleichgewichts zwi-
schen den Ausgaben und Einnahmen die Landes-
vertretung mit Unserer Finanzverwaltung die
Beiziehung außerordentlicher Mittel für ange-
messen erachtete, so glauben Wir hierin eine
begründete Berücksichtigung der finanziellen Stö-
rungen der jüngstvergangenen Zeit und des Ein-
flusses derselben auf die Entwicklung der Steuer-
kraft des Landes zu erkennen, deren größere
Inanspruchnahme in dieser Finanzperiode auf
solche Weise noch zu vermeiden gelungen ist.
Die Kammern des Landtages haben die
höheren Rücksichten des Landes walten lassen,
indem sie bercit ige Fürsorge getroffen haben,
für die Bedürfnisse des Staatsdienstes, wie für
die Interessen der Kirche, der Schule, der Wissen-
schaft und der Runst. Wir leben der festen Zu-
versicht, daß sich der größere Aufwand lohnen
werde durch die erhöhte Berufsfreudigkeit der
Betheiligten auf diesen wichtigsten Gebieten des
öffentlichen Lebens.
Wir erblicken aber in dieser Bereitwillig-
keit der Volksvertretung zugleich ein sprechendes
Zeugniß dafür, daß der Sinn für Gerechtigkeit
und die Liebe zum Vaterlande auch widerstre-
bende Gegensätze zu bewältigen und auf ihr be-
rechtigtes Maß zurückzuführen vermögen.
Wir knüpfen daran die Unserem Herzen
theuerste Hoffnung, daß diese im bayerischen
Volke stets bewahrten Tugenden ihre einigende
Kraft fortdauernd bewähren werden und er-
kennen darin die wirksamste Bedingung des in-
nern Gedeihens wie der würdigen Lösung jener
Aufgabe Bayerns, welche ihm nach seiner Be-
dentung als Glied des Deutschen Reiches zu-
kömmt.