91
Zweiter Abschnitt.
Gesondere Slrafbestimmungen.
Art. 8.
Wer den Verordnungen zuwiderhandelt, durch
welche die königliche Staatsregierung bei droh-
endem oder ausgebrochenem Kriege den Verkehr
mit feindlichen Ländern oder feindlich besetzten
Theilen des Staats= oder Reichsgebiets verboten,
beschränkt oder geregelt, die Sammlung von
Nachrichten, die Verbreitung oder Veröffentli-
chung gewisser Mittheilungen, sowie die Erlas-
sung gewisser Aufforderungen untersagt oder be-
schränkt oder ähnliche mit der Kriegsgefahr im
Zusammenhange stehende Maßregeln angeordnet
hat, soll mit Gefängniß oder Festungshaft bis
zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
zweihundert Thalern bestraft werden.
Art. 9.
Wer ungeachtet erfolgter Warnung durch un-
geziemendes Benehmen vor einer öffentlichen
Stelle oder Behörde dieselbe in ihrer Dienstes-
verrichtung stört oder die ihr gebührende Ach-
tung verletzt, soll, soweit nicht eine anderweitige
gesetzliche Bestimmung in Anwendung zu bringen
ist, mit Haft bis zu drei Tagen oder an Geld
bis zu fünf Thalern bestraft werden.
Art. 10.
Wer Andere durch Anwendung körperlichen
Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzungen
oder durch Verrufserklärung bestimmt oder zu
bestimmen versucht, an Verabredungen zur Er-
langung günstiger Lohn= oder Arbeitsbedingun-
gen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit
92
oder Entlassung der Arbeiter, Theil zu nehmen
oder ihnen Folge zu leisten, oder wer Andere
durch gleiche Mittel hindert oder zu hindern
sucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten,
wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten be-
straft, soferne nach dem allgemeinen Strafgesetze
nicht eine härtere Strafe eintritt.
Art. 11.
Der Art. 29 des Gesetzes vom 30. Januar
1868, „das Gewerbswesen betr.,“ erhält folgende
Fassung:
„Wird eines der im Art. 8 benannten Ge-
werbe zu einer Handlung mißbraucht, welche
als Verbrechen oder Vergehen strafbar ist,
und wird der Gewerbetreibende deshalb zu
einer Verbrechens= oder Vergehensstrafe verur-
theilt, so ist die zuständige Gewerbspolizeibe-
hörde innerhalb dreier Monate nach eingetre-
tener Rechtskraft des Strafurtheils berechtigt,
dem Verurtheilten den selbstständigen Gewerbs-
betrieb auf die Dauer von höchstens drei Jah-
ren zu untersagen.“
Art. 12.
Wer, ohne Kaufmann zu sein, seine Gläubiger
dadurch benachtheiligt, daß er entweder Ueber-
schuldung vorspiegelt oder nach eingetretener
Ueberschuldung widerrechtlich Vermögenstheile
seinen Gläubigern entzieht oder Schulden oder
Rechtsgeschäfte anerkennt oder aufstellt, welche
ganz oder theilweise erdichtet sind, oder aus
eigennütziger Absicht einzelne Gläubiger vor den
andern begünstigt, ist mit Gefängniß nicht unter
einem Monate zu bestrafen.
Der Versuch ist strafbar.
Art. 13.
Wer Telegraphen-Freimarken nach ihrer Ent-