Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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Gründen über die That= und Rechtsfrage in fort- 
laufende Register niederzuschreiben und in der 
Sitzung zu verkünden. 
Die Verkündung erfolgt in der Regel un- 
mittelbar nach der Verhandlung. Nur aus- 
nahmsweise kann sie auf einen der nächsten Tage 
verschoben werden, in welchem Falle am Schlusse 
der Verhandlung dem Beschuldigten oder seinem 
Vertreter die Zeit, wann die Urtheilsverkündung 
stattfinden wird, genau angegeben werden muß. 
Art. 86. 
Wenn der Beschuldigte ungeachtet richtig 
geschehener Ladung weder in Person noch durch 
einen bevollmächtigten Vertreter erscheint, so kom- 
men die Vorschriften über das Ungehorsamsver- 
fahren, welche- für die zur bezirksgerichtlichen 
Zuständigkeit gehörigen Vergeheussachen gelten, 
zur analogen Anwendung. 
Art. 86. 
In allen Fällen, in welchen der Beschuldigte 
nicht verhaftet ist, kann der Richter, wenn 
er die Uebertretung für genügend bescheinigt 
erachtet, auf staatsanwaltschaftlichen Antrag 
sofort ohne vorgängige Vernehmung des Be- 
schuldigten die entsprechende Strafverfügung er- 
lassen. Dieselbe ist dem Beschuldigten schriftlich 
zuzustellen; wenn sie aber in Haupt= oder Neben- 
sache einen anderen als den vom Staatsanwalte 
beantragten Ausspruch enthält, so soll sie zunächst 
dem Staatsanwalte mitgetheilt und dem Beschul- 
digten erst dann zugestellt werden, wenn der 
Staatsanwalt seine Beruhigung hiebei erklärt 
oder binnen drei Tagen, vom Tage der gescheh- 
enen Mittheilung an gerechnet, einen Antrag 
auf Einleitung der Hauptverhandlung nicht ge- 
stellt hat. 
Art. 87. 
Die im Art. 86 erwähnte Strafverfügun. 
hat zu enthalten: 
1) die deutliche Bezeichnung des den Gegen- 
stand der Bestrafung bildenden Uebertre- 
tungsfalles; 
die Festsetzung der Strafe, der etwaigen 
Straffolgen und des Kostenpunktes mit kur- 
zer Angabe der Beweisgründe und der ge- 
setzlichen Vorschriften, worauf sich der Aus- 
spruch gründet; 
3) die Eröffnung, daß der Beschuldigte, enn 
er sich durch die Verfügung beschwert er- 
achte, innerhalb der auf den Tag der Zu- 
stellung zunächst folgenden acht Tage, bei 
Vermeidung des Eintritts der Rechtskraft der 
Verfügung, seine Einwendungen gegen diesel- 
ben bei Gericht schriftlich oder zu Protokoll 
anzumelden und zugleich seine allenfallsigen 
Vertheidigungsbeweismittel anzugeben habe. 
Bringt der Beschuldigte innerhalb der 
festgesetzten Frist Einwendungen gegen die 
Strafverfügung vor, so ist dieselbe als nicht 
erlassen zu betrachten und die Hauptver- 
handlung in gewöhnlicher Weise festzusetzen. 
Anderen Falls hat die Strafverfügung die 
Wirkung eines rechtskräftigen Urtheiles. 
Art. 88. 
Die Berufung gegen das Urtheil erster In- 
stanz ist binnen acht Tagen bei dem Gerichte 
erster Instanz mündlich zu Protokoll oder schrift- 
lich anzumelden und auszuführen. 
Hat die Verhandlung in Gegenwart des 
Beschuldigten oder seines Vertreters stattgefun- 
den, und ist das Urtheil unmittelbar nach der 
Verhandlung oder zu der am Schlusse derselben 
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