Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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bestimmten Zeit verkündet worden, so läuft die 
Berufungsfrist vom Tage der Verkündung, in 
den übrigen Fällen vom Tage der Zustellung 
des Urtheils an. 
Art. 89. 
Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens 
gegen Endurtheile ist in Uebertretungsfällen nicht 
zulässig. 
2. Strafverfolgung wegen Beleidi- 
gungen. 
Art. 90. 
Für die nach §. 185 des Strafgesetzbuches 
für das Deutsche Reich zu beurtheilenden Be- 
leidigungen gelten, soferne es sich nicht um einen 
der in den S§. 196 und 197 des gedachten Ge- 
setzbuches erwähnten Fälle handelt, die in den 
nachfolgenden Artikeln 91 bis 98 enthaltenen 
besonderen Bestimmungen über das Verfahren. 
Art. 91. 
Eine gerichtliche Einschreitung findet nur 
dann statt, wenn bei dem Strafgerichte Klage 
erhoben wird und der Kläger die erforderlichen 
Beweismittel beibringt, beziehungsweise anzeigt. 
Die Legitimation zur Erhebung der Klage 
ist nach den einschlägigen Bestimmungen des 
Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich über 
das Recht zur Stellung des Antrages auf Straf- 
verfolgung zu beurtheilen. 
Art. 92. 
In den Landestheilen rechts des Rheins 
hat das Gericht die vom Kläger oder vom Be- 
klagten benanuten Zeugen vorladen zu lassen, 
wenn die betreffende Partei dies verlangt und 
die Kosten sowohl für die Vorladung als auch 
für die Entschädigung der Zeugen baar erlegt. 
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Art. 93. 
Ist der Kläger kein Deutscher und besitzt 
derselbe auch keine liegenden Güter innerhalb 
des Deutschen Reichs, so kann auf Antrag des 
Staatsanwalts oder des Beklagten die gericht- 
liche Einschreitung so lange ausgesetzt werden, 
bis der Kläger für die ihn allenfalls treffenden 
Kosten eine entsprechende Caution, deren Betrag 
vom Richter festzusetzen ist, geleistet hat. 
Art. 94. 
Der Kläger und der Beklagte können sich 
vor Gericht durch einen Bevollmächtigten ver- 
treten oder auch durch einen Rechtskundigen ver- 
beistanden lassen. 
Die Urtheilsfällung erfolgt nach Anhörung 
des Staatsanwaltes. 
Eine Berufung steht dem letzteren nicht 
zu, wohl aber dem Kläger und dem Beklagten. 
Hat nur der Beklagte Bernfung eingelegt, so 
kann das Urtheil nicht zu seinem Nachtheile ab- 
geändert werden. 
Art. 95. 
Wird der Beklagte verurtheilt, so ist dieser, 
wird er freigesprochen, so ist der Kläger in alle 
Kosten zu verurtheilen. Wurden Rechtsmittel 
ergriffen, so fallen die hiedurch entstandenen 
Kosten, wenn der hiebei unterliegende Theil selbst 
das Rechtsmittel ergriffen hat, diesem, anderen 
Falles dem in der Hauptsache Unterliegenden 
zur Last und sie können nur in dem Falle, daß 
beide Theile Rechtsmittel ergriffen haben und 
unterlegen sind, verglichen werden. 
In die Kosten sind auch diejenigen, welche 
dadurch, daß sich die Parteien oder eine der- 
selben durch einen Bevollmächtigten vertreten oder 
durch einen Rechtskundigen verbeistanden ließen,
	        
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