Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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472 des Strafprozeßgesetzes vorgeschrie- 
benen Förmlichkeiten haben zu unter- 
bleiben; 
II. bei Vergehen: 
1) die Zustellung der ersten Vorladung und 
des Contumacialurtheiles geschieht durch 
Anheftung am Sitze des betreffenden Ge- 
richtes und durch auszugsweise Bekannt- 
machung im Amtsblatte des Kreises und 
in einem anderen dazu geeigneten öffent- 
lichen Blatte; 
20 die sonstigen Zustellungen geschehen durch 
bloße Anheftungen am Sitze des Gerichts. 
Auf diese Bestimmung ist bei der ersten 
Vorladung ausdrücklich aufmerksam zu 
machen. 
3) Zwischen der Zustellung der Vorladung 
und der Verhandlung müssen wenigstens 
dreißig Tage in Mitte liegen; 
4) die Frist, binnen welcher der Verurtheilte 
gegen das Contumacialurtheil Einspruch 
erheben kann, wird für diesen Fall gleich- 
falls auf dreißig Tage festgesetzt. 
6. Verfahren bei Einziehung und 
Beschlagnahme. 
rt. 110. 
Zuständig zur selbstständigen Verfügung der 
im §. 42 des Strafgesetzbuches für das Deutsche 
Reich erwähnten Maßnahmen ist, wenn gleich- 
zeitig eine Aburtheilung in der Hauptsache statt- 
findet, das mit der letzteren befaßte Gericht, an- 
dernfalls dasjenige Gericht, welches auf die Vor- 
untersuchung Beschluß zu fassen hat, oder, wenn 
eine Voruntersuchung nicht stattfand, das Be- 
zirksgericht, bei welchem dieselbe zu führen ge- 
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wesen sein würde, oder das Stadt= und Land- 
gericht, welches nach Art. 58 zur Aburtheilung 
der Hauptsache berufen wäre. 
Erfolgt die in Abs. 1 erwähnte Verfügung 
nicht in Verbindung mit einer Entscheidung in 
der Hauptsache, so ist über dieselbe auf staats- 
a##nwaltschaftlichen Antrag mittels eines in ge- 
heimer Sitzung zu fassenden Beschlusses zu ent- 
scheiden. Die Betheiligten sind von dem gestellten 
Antrage besonders in Kenntniß zu setzen und 
mit ihren allenfallsigen Einwendungen gegen 
denselben zu hören, soferne sie nicht ohnehin 
schon in der Voruntersuchung oder bei der Ver- 
handlung über die Hauptsache vernommen oder 
vergeblich vorgeladen worden sind. 
Die Entscheidung ist bei vorausgegangener 
öffentlicher Verhandlung in öffentlicher Sitzung 
zu verkünden, andernfalls aber den Betheiligten 
abschriftlich zuzustellen oder, wenn deren Auf- 
enthalt nicht bekannt ist, in einem oder mehreren 
vom Gerichte zu bestimmenden Blättern zu ver- 
öffentlichen. 
Den Betheiligten stehen gegen die ergangene 
Entscheidung je nach der Eigenschaft des Ge- 
richts, welches dieselbe erlassen hat, das Rechts- 
mittel der Berufung oder der Nichtigkeitsbe- 
schwerde, sowie die Nichtigkeitsbeschwerde gegen 
das die Berufung verwerfende Urtheil zu. 
Diese Rechtsmittel sind binnen vierzehn Tagen 
bei dem Gerichte, welches die Entscheidung er- 
lassen hat, mündlich zu Protokoll oder schriftlich 
anzumelden und auszuführen. 
Ist die Entscheidung auf Grund einer öffent- 
lichen Verhandlung, zu welcher der Betheiligte 
vorgeladen war, erlassen worden, so läuft die 
erwähnte Frist, gleichviel ob der Betheiligte er- 
schienen war oder nicht, vom Tage der Verkün-
	        
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