Schweizer Reise. 127
wenig Geschmack an diesem Familienkreis gefunden. Soviel
ich weiß, hatte Albert eine förmliche Angst vor dieser Tante.
Sie war, wenn ich mich recht erinnere, nur einmal zu Besuch
in Dresden. Und damals sagte uns das mein Vater. Albert
machte von Baden--Baden aus einen Ausflug nach Wildbad,
wo die Königin Elisabeth zur Kur weilte. Sie hatte eine
große Freude, den Meffen bei sich zu sehen. Carola kon-
sultierte in Baden einen damals sehr gefeierten mexikanischen
Arzt aus Paris, den Carlowitz spöttisch den amerikanischen
Wunderdoktor nannte. Ob sie die anempfohlene Kur gemacht
bat, weiß ich nicht. Die Weiterreise erfolgte über Freiburg
nach Umkirch, einem Schloß, das der Fürstin Josephine von
Hohenzollern gehörte, jetzt meinem Aeffen, dem Erbprinzen
Friedrich. Aber das Münster schreibt Albert an seinen Vater:
„Es frappierte mich außerordentlich, namentlich das Portal.“
Dann ging es weiter über Basel, Bern nach dem Thuner See.
Carlowitz sagt, niemand wüßte die Schönheiten der Natur
besser auszubeuten und zu genießen als der Kronprinz.
Aus Interlaken, der nächsten Station, schreibt dieser dem
Vater: „Ich schreibe Dir vom Balkon des Schweizerhofs,
immer die Jungfrau im Auge, deren oberste Spitze etwas be-
wölkt ist.“ Am 9. schreibt er an den geliebten Bruder: „Mein
alter Junge. Verzeihe mir, wenn ich nicht schon gestern meine
innigsten Wünsche gesandt habe, ich hatte gestern früh den
Kopf etwas voll, da der arme Carlowitz wegen plötlichen
Todes seines jüngsten Sohnes abreisen mußte. Dieser Fall
bat uns die Freude recht versalzen. Wenn nun auch erst am
9., so bleiben meine Wünsche für den 8. doch dieselben, möge
Dich Gott dieses Jahr recht glücklich sein laßen, namentlich
alles Unheil vom Haupte Deiner Lieben fernhalten.“ Dann
berichtet er ihm von Ausflügen und erzählt von dem Führer
Städlin, der ihn grüßen ließe. Dieser hat meinen Vater und
meinen Großvater und, ich glaube, auch meinen Onkel oft
in der Schweiz geführt. Er stammte aus Arth. Im Jahre 188
hat er noch die Neise geleitet, die mein Vater mit uns Ge-