Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

Geburtstagsfeier in Compiègne. 201 
  
Einnahme von Paris, besetzten wir damals die ganze Stadt, 
vielleicht mit etwas Verlust, so wäre die Ordnung ganz her- 
gestellt. So zogen wir ein, pour la forme, in einen ganz 
kleinen Winkel von Paris. Die Nationalgarde blieb be- 
waffnet, und der Kamm schwoll ihr wegen unserer vermeint- 
lichen Schwäche. Jetzt baden es die beiden Unterhändler B. 
und Thiers aus. Wenn wir nur nicht unseren Theil davon 
bekommen! Das Frühjahr ist hier herrlich, doch in Dresden 
wäre es beßer.“ Albert unterschreibt sich „Ihr alter Schüler 
und Freund". 
Gegen Ende April machten das Kronprinzenpaar und 
meine Eltern, die damals in Laon waren, eine mehrtägige 
Reise nach der Normandie. Namentlich war Albert von 
Rouen begeistert, das voll gotischen Gebäuden sei, ein wahres 
französisches Mürnberg oder Lübeck. St. Mailon bezeichnet 
er mit Recht als beinahe gotisches Rokoko. — Den Vorgängen 
in der Heimat, namentlich der Sitzung der kangelischen Synode, 
folgte er mit Interesse. Es frappierte ihn, so viele Namen 
von gutem Klang zu lesen, es schiene doch der kirchliche Sinn 
nicht ganz so erstorben, wie es bisher schien. In Com- 
pisgne verfolgte er aber stetig die Kämpfe. Am 16. Mai 
verließ die Kronprinzeß Compieègne, um in die Heimat zurück- 
zulehren, während Albert nach Margench übersiedelte. Dort 
war er den Ereignissen immerhin näher. Er brauchte aber 
dort nur wenige Tage zu bleiben, da sich die Sache 
in Paris sehr bald entschied. Gegen Ende des Monats ging 
er wieder nach Compiègne in der Hoffnung, nach wenigen 
Tagen in die Heimat zurückzukehren. Am 30. schrieb ihm 
Moltke, daß er zu den Einzugsfeierlichkeiten nach Berlin 
eingeladen würde, bald würde auch sein Kommando auf- 
gelöst werden. Am u. Juni schrieb er seiner Gemahlin aus 
Compieègne: „Da wäre ich nun wieder hier, aber wie ver- 
schieden von dem vorigen Aufenthalt ist der dießmalige. Ich 
kann Dir nicht sagen, wie Du mir gerade hier fehlst, wo 
wir so vergnügt und zufrieden zusammen waren, zum ersten
	        
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