212 Regierungsantritt und erste Königsjahre (1873—78p).
Den von ihm eingegangenen Verträgen gemäß werde
ich treu stehn zu Kaiser und Neich, redlich bemüht, meine
Verpflichtungen gegen dieselben zu erfüllen, aber auch fest
in der Bewahrung der Aechte, welche die Reichsverfaßung
Sachsen zuspricht. Treu der beschworenen Verfaßung unseres
engeren Vaterlandes, wird mein erstes Streben sein, Sachsens
Wohlfahrt und Wohlstand durch besonnenen Fortschritt kräftig
zu fördern. Bin ich mir auch bewußt, nicht an den Geist des
Verewigten zu reichen, in Einem fühle ich mich ihm gleich,
in der heißen Liebe zu meinem Volk und in dem unerschütter-
lichen Vertrauen zu deßen Treue und Anhänglichkeit. Und
so möge auch mir der Segen des Vaters wie meiner Vor-
gänger zu Theil werden: Vertrauen erweckt wieder Ver-
trauen.“
Schon am 30. Oktober gab er im Beisein sämtlicher Minister
und der Präsidenten beider Kammern des Landtags bei
seinem fürstlichen Wort das Versprechen ab, die Verfassung
aufrechtzuhalten und zu beschützen. Die Minister, die ihm
zur Seite standen, hatte er alle von seinem Vater über-
nommen. Er bestätigte sie in ihren Amtern. Vorsitzender des
Gesamtministeriums war Minister Freiherr von Friesen, seit
1859 Finanzminister, seit 1866 auch Minister des Außeren.
Außerdem stand er an der Spitze der 1869 errichteten General-=
direktion der Sammlungen. In den schwierigen Verhand-
lungen, die zur Beendigung des Feldzugs 1866 führten,
batte er sich glänzend bewährt, weshalb ihm auch König
Johann bei seiner Rückkehr ins Land die Nautenkrone ver-
lieh. Auch bei den Verhandlungen 1870 hat er sehr Tüchtiges
geleistet. Kaiser Wilhelm hatte ihm bei der goldenen Sochzeit
König Johanns den Schwarzen Adler-Hrden verliehen. Man
hat Friesen nicht mit Unrecht als den besten Finanzminister
bezeichnet, den Sachsen gehabt hat. Kriegsminister war seit
1866 der General von Fabrice, auf den ich schon wiederholt
zu sprechen gekommen bin. Er war bei allen persönlichen
Schwächen eine große Persönlichkeit, da er genau wußte,