218 Regierungsantritt und erste Königsjahre (1873—78).
8. November traf die Königin Elisabeth von Preußen ein,
um ihrer Schwester tröstend zur Seite zu stehen. Sie wollte
einige Wochen bleiben und dann nach Hause zurückkehren.
Aber Anfang Dezember erkrankte sie und starb am 14. De-
zember. König Albert und mein Vater, denen diese Tante
als Zwillingsschwester ihrer Mutter trotz des Abertritts zum
Protestantismus immer besonders nahe gestanden hatte, emp-
fanden den Verlust sehr schmerzlich. Die Herzogin von Genua
war auch noch bei diesem Tode anwesend, so daß die drei
Kinder ihrer Mutter bei diesem zweiten schweren Schicksals-
schlage Tröster sein konnten. Die Aeffen gaben der Tante das
Geleite zur letzten Auhe in Potsdam.
In diesem Winter war, wie ich schon gesagt habe, der Land-
tag zusammen. Sonst hätte bei dem Thronwechsel ein außer-
ordentlicher einberufen werden müssen. Denn die Ziovilliste
mußte ja bei jedem neuen König für dessen Lebenszeit votiert
werden. Die Bewilligung wurde damals ohne Debatte mit
allen gegen 3 Stimmen ausgesprochen. Auf die übrigen
Gesetze will ich hier nicht näher eingehen, da dieses für den
vorliegenden Zweck entschieden zu lang sein würde. Ich werde
auch im weiteren nur solche Gesetze erwähnen, die für den
König Albert mit besonderem Interesse erfüllt waren. Der
Landtag dauerte bis 10. Oktober 1877.
Das neue Jahre 1874 begann ohne die üblichen Festlich-
keiten, da die Trauer für König Johann noch viel zu tief
war. Erst als die tiefste beendet war, begaben sich die
Majestäten Ende Fanuar zu ihrem ersten offiziellen Besuch
nach Leipzig. Dieser wiederholte sich von da ab fast alljährlich.
Der König besuchte dort immer eine Anzahl Vorlesungen.
Es wurden an erster Stelle solche von Professoren gewählt,
die neu ernannt waren oder auch ein besonderes Jubiläum
gefeiert hatten. Albert hat auf diese Weise einen Einblick
in alle Wissenschaften erlangt wie nicht leicht ein zweiter.
Meist wurde es so eingerichtet, daß der betreffende Pro-
fessor über einen besonders interessanten Gegenstand sprach.