256 Bis zum Tode Kaiser Wilhelms I. (1878—88).
ganze Persönlichkeit, der Sachsen zu großem Danke ver-
pflichtet sein muß.
Am 10. Juli überreichte mir also der König das Patent
als Sekondeleutnant im Schützenregiment, dessen Chef mein
Vater seit dem 11. Juli 1871 war. Vom 21. Juli bis
7. August reiste der König nach Süddeutschland. In Stuttgart
besuchte er eine Gewerbeausstellung, wo ihn Prinz Hermann
von Weimar führte, in Friedrichshafen den König Karl und
die Königin Olga. Carlowitz erzählte, beides seien nur Vor-
wände gewesen. Es habe sich in der Tat um eine wichtige
Besprechung mit dem württembergischen Ministerpräsidenten
von Mittnacht wegen gemeinschaftlichen Vorgehens im
Bundesrat gehandelt. Was das gewesen ist, erzählt er leider
nicht. Es ist auch kein Brief Alberts an einen Minister dar-
über erhalten. In Krauchenwies traf er mit der Königin
zusammen. Beide reisten dann nach Tegernsee und München,
von wo der König am 7. August zurückkehrte. Die Königin
besuchte zum letzten Male ihr liebes Tarasp und kam erst am
1. September zurück.
Am 1. September 1881 waren 50 Jahre vergangen, seit die
Verfassung in unserem Lande verkündigt worden war. Dieser
Tag sollte ganz besonders festlich begangen werden. Der
Landtag wurde so früh einberufen, daß er schon an diesem
Tage eröffnet werden konnte. Mein Bruder Friedrich August
wohnte zum ersten Male diesem feierlichen Akte bei. Das
übliche Ständediner fand nicht wie sonst im Schloß in
Dresden statt. Mein, der König hatte dieses Mal die Stände
in sein altes Stammschloß, die Albrechtsburg in Meißen,
eingeladen. Fast nirgendwo macht sich ein feierliches Mahl
so gut wie in diesem herrlichen Gebäude.
Der Schluß des Jahres sollte dem König schwere Sorgen
bringen. Die Königin war leidend aus Tarasp wieder-
gekommen. Man sagt, sie habe sich dort den Keim zum
Typhus geholt, weshalb sie auch später nicht wieder hin-