262 Bis zum Tode Kaiser Wilhelms J. (1878 -88).
Anfang Juli unternahm der König eine auf mehrere Tage
geplante Reise ins Vogtland. Sie wurde am 1. jäh durch das
schreckliche Unglück von Mylau unterbrochen. Der König war
eben in einer Fabrik auf einem Fahrstuhl mit seiner Beglei-
tung heruntergefahren und stand noch darauf, als plötz-
lich eines der Gewichte herunterstürzte und dem neben Albert
stehenden Kreishauptmann Hübel den Schädel zerschmetterte.
Der König wurde mit Blut und Gehirn bespritzt. In der allge-
meinen Aufregung trug diesen der Oberstallmeister von Ehren-
stein hinaus. Allgemein war die Freude im Lande, als man
von der glücklichen Errettung hörte. Ich erinnere mich noch
so recht, wie bestürzt alle waren, als die erste Nachricht kam.
König Albert hat fast niemals in seinem Leben soviel Elück-
wünsche bekommen wie damals. Zwei seiner Antworten möchte
ich hier anführen. An Prinz Georg Schönburg schreibt er
am 12. Juli aus Pillnitz: „Mit großer Freude habe ich Ihr
Schreiben vom 7. erhalten, mir ein neues Zeichen Ihrer un-
entwegten Teilnahme an allem, was mir in Gutem und
Bösen widerfährt. Die hier war eine bitter ernste Geschichte.
Ich glaube, dem Tode nie so nahe gestanden zu haben als
dieses Mal. Dabei der gräßliche Tod des armen HLübel un-
mittelbar in meiner Aähe, so daß ich mit Blut und Gehirn
bespritzt war, der Verlust des Mannes, den ich dienstlich und
persönlich sehr hoch schätzte. Sie werden begreifen, daß man
das nicht so schnell los wird und in Gedanken immer darauf
zurückkommt. Auch die Gefahr, der wir entgangen, stellt sich
immer größer dar, je mehr man Details erfährt, so daß (man)
endlich sagt: „Gott sei gelobt, daß nur das passirt ist.“
Die Hauptursache der ganzen Geschichte, warum der Stuhl
herunter kam statt hinauf, ist übrigens noch nicht geklärt.“
An den Obersten von Minckwitz schrieb er am 8.: „Ihr
Schreiben vom 5. July hat mir wahrhaft wohlgethan, ist es
doch in schweren Momenten ein großer Trost, Theilnahme von
denen ausgesprochen zu haben, deren Anhänglichkeit und
TCreue man so sicher ist wie ich der Ihrigen. Mit Dank habe