Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

318 Letzte Jahre, Krankheit und Tod (1894—1902). 
  
Zu dem diesjährigen Frühjahrsaufenthalt in Sibyllenort 
wurde zum erstenmal ein Dresdener Künstler auf einige 
Tage eingeladen, der seitdem ein gern gesehener Gast dort 
war. Es war Hermann Prell, der mir einige Erinnerungen 
niedergeschrieben hat. Kurz vorher war die Eröffnung der 
Kunstausstellung in Dresden gewesen, die den Nuhm von 
Dresden als Kunststadt erneuerte und neu begründete. Der 
König hatte sie selber vorgenommen und dann die ein- 
heimischen und fremden Künstler bei sich zu Gast gesehen. Bei 
dieser Gelegenheit habe ich Constantin Meunier und Knaus 
kennen gelernt. Ersterer, dessen Werke damals zum ersten 
Wale in Deutschland ausgestellt waren und ein ganzes 
Zimmer füllten, scheint dem König nicht ganz gefallen zu 
haben. Wenigstens begriff er nicht, daß ich so lebhaft 
wünschte, die Bronze „Pater Damian mit den Aussätzigen“ 
zu besitzen. Der Wunsch wurde mir, wenn auch mit starkem 
Kopsschütteln, erfüllt. Seitdem steht sie in meinem Schreib- 
zimmer, und ich erfreue mich daran und danke immer noch 
Onkel, Tante und Vater, die sie mir trotz Widerstrebens 
schenkten. Das nur als Zwischenbemerkung. Also Prell war 
vom 10.—20. in Sibyllenort. Da die Königin in Karlsbad 
weilte, waren nur Herren da. Hier einige Außerungen 
des Königs, wie sie Prell notiert hat: „Die glänzende Er- 
öffnung der Ausstellung hat S. M. sehr gefallen; der König 
ist völlig im Bilde, hatte mit ihm bekannten Münchener und 
Brüsseler Künstlern gesprochen, fragte mich nach meinen 
Schülern, kurz ich mußte erzählen.“ Prell beteiligte sich 
an den Nitten, begleitete den König auf Pirschfahrten. Alles 
entzückte ihn. Der König sagte ihm: „Ich danke Ihnen, lieber 
Prell, daß Sie so interessiert beiwohnen.“ Prell erzählt 
weiter, und ich gebe das hier wieder, weil es nur bestätigt, 
was ich öfter ausgesprochen habe: 
„An trüben Regentagen wird aus der großen Bibliothek 
allerlei Hochinteressantes hervorgesucht — alte englische Karri- 
katuren, politische Schriften aus dem Anfang des Jahrhun-
	        
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