96 Die Zeit von 1854 bis 1865.
ihm Johann am 11.: „Aur ein paar Worte, um Dir für
Deinen lieben Brief zu danken und zugleich dafür, daß Du
meinen Weisungen so getreu nachgekommen bist. Hinzufügen
muß ich noch, daß Mme. la Comtesse in T. die Tage ver-
nommen hat, man werde sich in morganatischer Ehe mit einer
gewißen Person verbinden. Du kannst das auch gelegentlich
erzählen.“
Diese letzten Worte beziehen sich auf die Wiedervermählung
der Herzogin von Genua mit dem Marquis Napallo. Schon
als sie im Sommer in Pillnitz war, war sie sehr lustig. Albert
schreibt an meinen Vater, der zur Kur in Marienbad weilte,
am 25. Juni: „Lilli lachte und scherzte, als wenn nie ein
Herzog von Genua existiert hätte, zu nicht gelindem Skan-
dal der guten Mama.“
Im Herbst beschloß sie dann, den Marquis Napallo, der
Ordonnanzoffizier ihres ersten Mannes gewesen war, zu
heiraten. Kaum hatte sie die Zustimmung ihres Vaters, hat
sie noch abends um 11 in Agliè geheiratet. Was sie bewogen
hat, wird wohl immer unklar bleiben. Die eigene Mutter
schreibt an die Baronin Ow, wenn die Tochter den Marquis
liebe, würde sie die Sache noch verstehen, nun liebe sie ihn
aber nicht. Napallo kam bei den Besuchen in Pillnitz immer
mit meiner Tante. Wir haben ihn als Kinder oft gesehen,
wußten aber nicht recht, was wir aus ihm machen sollten, da
wir die ganze Sache nicht kannten.
Die Jagden zogen sich noch bis gegen Mitte des Monats
hin. Dann reiste das Kronprinzenpaar nach München. Dort
machten sie Besuche am Hofe. Albert wollte auch seiner Frau
die Kunstschätze, die sie noch nicht kannte, zeigen. Sicher ist er
ihr da ein sehr guter Führer gewesen. Er schreibt seinem
Vater am 23.: „Ich habe hier einiges Aeue und Schöne ge-
sehen, namentlich die Bavaria, die wahrhaft imposant ist, und
die neue Pinakothek, die sehr viel Schönes enthält. Onkel
Ludwig (I.) habe ich ausnehmend wohl gefunden, daß ich ganz
erstaunt war, er nahm Antheil an Allem, was wir von seinen