Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

8 Einleitung. 
des staatlichen Organismus als willensfähiger Macht fest- 
stellt, ist überall die höhere Voraussetzung.! Alles andere 
Recht mag dem veränderlichen Bedürfnisse des Volks- 
lebens preisgegeben, aber das Recht, nach welchem 
überhaupt der sittliche Volksgeist zur rechtlichen Ge- 
sammtäusserung gelangen kann, das Staatsrecht, muss 
fest gefügt und dem wechselnden Einflusse des Tages 
entzogen sein. Es ist nur ein eigenthümlicher Ausdruck 
dieser Wahrheit, wenn die gesetzlichen Feststellungen 
des Staatsrechts den Namen „Grundgesetz“? führen, 
wenn sich bei seiner Errichtung auch eine bisher absolute 
monarchische Gewalt gedrängt fühlt, das Volk in seinen 
Vertretern zur Mitwirkung herbei zu ziehen,’ wenn ihm 
eine besondere Weihe beigelegt, seiner Veränderung ge- 
wisse Hemmnisse entgegengestellt* und seiner Integrität 
besondere Garantieen verliehen werden. 
1 Daher ist es auch grösstentheils absolutes Recht, das 
keiner Privatdisposition unterworfen ist. 
2 Ein anderer Name ist „Verfassungsurkunde.” Verfassung 
ist der Inhalt der Grundgesetze in seiner Gesammterscheinung. 
In Bezug auf den Umfang, in welchem der Stoff dieser höheren 
grundgesetzlichen Ordnung in den Verfassungsurkunden gegeben 
wird, besteht freilich keine volle Uebereinstimmung. Manche 
gehen mehr, andere weniger in das Einzelne. 
3 Ganz unrichtig aber wäre es, darin ein Moment des Ver- 
tragsbegriffes im juristischen Sinne des Wortes finden zu wollen. 
Auch die „vertragenen,” s. g. paktirten Grundgesetze sind wahre 
Gesetze, und keineswegs Verträge. Gerber, a.a. 0. S. 39. 
4 Nothwendigkeit einer grösseren Majorität der zur Abände- 
rung zustimmenden Ständemitglieder, oder mehrfache Wieder- 
holung der Abstimmung. 
5 Beschwören des Grundgesetzes durch den Monarchen, die 
Stände, Staatsdiener, Staatsbürger, Erstreckung der Kompetenz 
des Staatsgerichtshofs auf den Schutz jedes einzelnen Punktcs der 
Verfassungsurkunde u. s. w.
	        
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