Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

8.6. Entstehung staatsrechtlicher Rechtssätze etc. 13 
des geschriebenen Rechts erhalten, damit sie der Sicher- 
heit, Festigkeit und allgemeinen Erkennbarkeit theil- 
haftig werden, welche dem Gesetzesrechte vorzugs- 
weise eigen ist. So haben denn auch wirklich fast alle 
deutschen Staaten, in denen sich die Umwandlung des 
älteren deutschen Staatsrechts in das Recht des organi- 
schen Volksstaats vollzogen hat, in ihren Grundge- 
setzen oder Verfassungsurkunden eine mehr oder 
weniger umfassende Gesammtcodification des öffentlichen 
Rechts erhalten.! In ihrer Ertheilung, Abänderung, ? 
2 Bde. 1854(5. Aufl.1863),u.Held, System des Verfassungsrechtsder 
monarchischen Staaten Deutschlands, 2Bde.1866u.1857. Laband, 
das Staatsrecht des Deutschen Reichs, 1. Bd. 1876, 2.Bd.1878, 3. Bd. 
1.Abth.1880. G.Meyer,Lehrbuch desdeutschen Staatsrechts, 1878. 
1 Man hat diese Art der gesetzlichen Feststellung des ge- 
sammten Staatsrechts oft genug getadelt und auf die Länder hin- 
gewiesen, in denen die Verfassung nicht mit einer Gesammt- 
urkunde gegeben, sondern allmählich undorganisch aus dem Volks- 
leben hervorgewachsen ist. Jene „papiernen Konstitutionen‘* 
verwehe der Wind, wie Alles, was keine Wurzel habe. Das ist 
allerdings oft genug eine Wahrheit geworden. Da man aber in 
Deutschland mit vollem Bewusstsein aus einem alten in einen 
neuen Zustand übergehen wollte, und dieser Uebergang nur durch 
eine Gesammtcodification bewirkt werden konnte, so hatte man 
keine Zeit, das organische Wachsen abzuwarten, sondern musste 
bandeln, der Hoffnung lebend, dass das rationell und bewusst 
Gemachte im Laufe der Zeit von einem gesunden und sittlichen 
Volksgeiste ergriffen und in ihm wirklich zum Leben gebracht 
werde. Seltsam ist es aber, wenn Manche diese Nothwendigkeit 
einsehen, aber doch wenigstens in der äusseren Form der Verfas- 
sungsurkunde den Schein des Organischen retten wollen, wie man 
wohl auch Häuser mit unregelmässiger Architektur baut, damit sie 
den Eindruck des allmählich Gewordenen gleich mitbringen. So 
namentlich Stahl, Philosophie des Rechts, 3. Aufl. 3. Bd. S. 280. 
2 Ueber die Formen, in denen die gesetzgebende Gewalt die 
Verfassung selbst abändern darf, wird unten im dritten Abschnitte 
gehandelt werden. — Die Ansicht, dass auch der Vertrag noch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.