14 Einleitung.
Ergänzung? hat sich die Staatsgewalt selbst zum Gegen-
stande.
Aber auch in der Form gewohnheitsrechtlicher Bil-
dung können staatsrechtliche Sätze entstehen.* Diese
Möglichkeit wird durch das Vorhandensein einer Ver-
fassungsurkunde nicht ausgeschlossen; sie kann durch
Gewohnheitsrecht ergänzt, selbst abgeändert werden,
insoweit es sich nicht um jene höchsten Prinzipien han-
gegenwärtig Quelle staatsrechtlicher Rechtssätze sei, wobei
man an das Zusammenwirken der Regierung und Stände bei der
gesetzgeberischen Thätigkeit denkt, bedarf keiner wissenschaft-
lichen Widerlegung.
8 Manche Verfassungen bestimmen bezüglich einer Reihe
wichtiger Gegenstände des Staatsrechts, z. B. des Wahlrechts,
der Stellung der Staatsdiener, der Gemeindeordnung, nur die
leitenden Gesichtspunkte, und überlassen ihre Ausführung der ge-
wöhnlichen Gesetzgebung.
4 Nach meiner Ueberzeugung ist das Beste und Richtigste,
was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist, die Aus-
führung Puchta’s, Gewohnheitsrecht, 2. Bd. S. 225 flg. Die
Wege, welche der Wissenschaft in den Schriften von Meier (die
Rechtsbildung in Staat und Kirche 1861) und Lüders (das Ge-
wohnheitsrecht auf dem Gebiete der Verwaltung 1863) empfohlen
werden, indem jener wieder die unter der Leitung des Staats wirk-
same Autonomie, dieserdas Handeln des Einzelnen zur Quelle des Ge-
wohnheitsrechts macht, — werden wohl schwerlich betreten werden.
5 Gegen die oft gehörten Einwendungen, der Verfassungseid
stehe mit der Möglichkeit der Entstehung abändernder Gewohn-
heiten im Widerspruche und die von der Verfassung selbst vor-
geschriebene Form der zulässigen Veränderungen hindere diese
Art der Rechtsbildung, vergl. Puchta a.a.O. Diesen Einwen-
dungen liegt immer der Irrthum zu Grunde, dass die Bildung eines
Gewohnheitsrechts ein bewusster, beabsichtigter Vorgang sei, eine
Vorstellung, welche ihren Ausdruck u. a. in der früheren Ansicht
Mohl’s erhält, der (Württembergisches Staatsrecht, 1. Bd. 1846,
S. 81 fig.) die Möglichkeit der Entstehung eines die Verfassung
berührenden Gewohnheitsrechts unter der Voraussetzung zugiebt,
dass Regierung, Geheimerrath und ?2/; der Ständemitglieder still-