Abgränzung des Staatsrechts. 243
schatzes gilt. Unsere deutsche Rechtswissenschaft hat
diesen primitiven Standpunkt längst überwunden; je
tiefer sie den inneren Zusammenhang des gesammten
Rechtssystems erfasst und das besondere Wesen jedes
einzelnen Theiles erkannt hat, um so mehr hat sie
‘das Bedürfniss der systematischen Sonderung empfun-
‚den, und schreitet mit jeder weiteren Entwickelung ihrer
selbst auf dieser Bahn fort. So dürfen wir es gewiss in
diesem Sinne als einen Fortschritt begrüssen, wenn end-
lich auch das Verwaltungsrecht in seiner Selbständigkeit
erkannt und von der Verbindung mit dem Staatsrechte
gelöst wird.?
Wenn Mohl das auf diese Weise begriffene
System des Staatsrechts dürftig und inhaltsleer findet,
so mag diess insoweit begründet sein, als der Zustand
unseres 8. g. gemeinen deutschen Rechts nur selten
gestattet, über prinzipielle Bestimmungen hinauszukom-
men. Zum Theil aber ist der Vorwurf ungerechtfertigt
und beruht einfach auf einem Uebersehen. Denn wenn
es z. B. Mohl wunderbar und unglaublich nennt, dass
in meinem Systeme die Lehre von den persönlichen
Verhältnissen der Staatsgenossen, von der (ewissens-
freiheit, dem Rechte der Gedankenäusserung und dem
Vereinsrechte keinen Platz finde, so hat er die $$. 11,
12 u. s. w. übersehen, m welchen jenen Lehren (in der-
jenigen Kürze, welche die Anlage dieser Grundzüge mit
sich brachte) ihr voller Raum ausdrücklich gewahrt ist.
2 Seit der Zeit, da diess geschrieben worden ist, hat denn auch
in der That die selbständige wissenschaftliche Behandlung des
Verwaltungsrechts erfreuliche Fortschritte gemacht.
16*