16 Einleitung.
da nur ein geringer Raum übrig bleiben, wo einestheils
sich die gesetzgebende Gewalt in reicher und geregelter
Produktivität äussert, anderntheils die Ueberzeugung ob-
waltet, dass eine ängstliche, stets beobachtete Aufrecht-
erhaltung auch des Buchstabens der Verfassung zu den
‚wichtigsten Interessen des Volks gehöre.
Die subjektiven öffentlichen Rechte, welche zu den
organischen Bestandtheilen eines konkreten Staats ge-
hören, können althergebrachte Befugnisse sein, welche
das neue Verfassungsrecht in sich aufnimmt, wiederholt
anerkennnt und regelt;® sie können auch durch die Ver-
fassungsurkunde oder durch ein anderes Gesetz erstmals
begründet werden, und zwar entweder so, dass sie der
individuell berechtigten Person unmittelbar verliehen
der Irrthümlichkeit dieser Auffassung einträte Freilich kann
hieraus ein Gewohnheitsrecht werden, d.h. der Inhalt der Ent-
scheidung in die Volksüberzeugung übergehen und damit ein ganz
neues Fundament gewinnen. So war z. B. der Satz des (früheren)
Württembergischen Staatsrechts zu beurtheilen, dass die Ab-
setzung der Kirchendiener nach Analogie der Bestimmung über
die Absetzung der Staatsdiener behandelt werde, ein Satz, der
ursprünglich auf eine Auslegung des $. 47 der Württembergischen
Verfassungsurkunde gestützt wurde (,„Beamten der Gemeinden
und anderer Korporationen‘“). Als Beispiel eines staatsrechtlichen
Gewohnheitsrechts mag noch folgendes angeführt werden, dass bie
und da der Monarch Rechtssätze, welche einen herkömmlichen
Bestandtheil gewisser Privilegien bilden (z. B. der Schutz der Leih-
häuser gegen die Vindication) für bestimmte Berechtigte ohne
Konkurrenz der Stände festsetzen darf. Ein besonders reiches
Gebiet von Gewohnheitsrechtssätzen, welche in der Uebung der
Stände hervortreten, sind die die Wählbarkeit und Legitimation
der Ständemitglieder betreffenden Sätze.
8 Dahin gehört vor Allem das Recht der angestammten fürst-
lichen Dynastie, dann die Rechte von Standesherren, ritterschaft-
lichen Korporationen, früher auch der Inhaber der Patrimonial-
gerichtsbarkeit u. s. w.