Der Norddeutsche Bund. 257
parlament verwandelt. Man kann nicht sagen, dass
durch diesen zunächst auf zehn Jahre abgeschlossenen
Vertrag für eine beschränkte Kompetenz ein erweitertes
Bundesstaatsverhältniss geschaffen worden sei; es ist
keine Staatsgewalt denkbar, welche bloss zur Erledigung
von Zollangelegenheiten bestimmt wäre. Die rechtliche
Beurtheilung des Verhältnisses wird vielmehr nur die
sein können, dass derselbe Apparat, durch welchen sich
für die norddeutschen Staaten eine wahre Staatsgewalt
offenbart, von den süddeutschen Staaten als ein eigen-
thümliches Mittel der fortgesetzten Ausführung
ihres Vertragsrechts und ihrer Vertragspflicht
benutzt wird.®
Die mit den süddeutschen Staaten im August 1866
abgeschlossenen Schutz- und Trutzbündnisse endlich
haben lediglich den Charakter völkerrechtlicher Ver-
träge.
Die Aufnahme der süddeutschen Staaten in den
norddeutschen Bund kann auf Vorschlag des Bundes-
präsidiums im Wege der Bundesgesetzgebung erfolgen
(Art. 79.).
6 Auch die Auffassung des Verhältnisses als Staatenbund
würde verfehlt sein. — Das schwere politische Bedenken gegen
diese Formation des Zollrechts, dass Zölle von einer Versammlung
von Volksvertretern votirt werden sollen, welche keinen einheit-
lichen Staat über sich sieht, in dessen Finanzbedürfnisse der ent-
scheidende Maassstab der Bewilligung zu suchen ist, wird jetzt
allgemein anerkannt.
v. Gerber, Staatsrecht. II. Aufl. 17