8.9. Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt. 27
Thätigkeit äussert. Alle einzelnen Arten dieser Thätig-
keit umfasst man in dem Gesammtworte „Regierung.“
Gegenüber den mannichfachen Aufgaben des Staats-
lebens kann sie aber nicht immer die gleiche sein. Das
Volksleben bietet zunächst Interessen dar, deren Regu-
lirung ausschliesslich oder doch zweckmässig nur durch
abstrakte Ordnungen, durch feste und dauernde allge-
meine Normen geschehen kann;? indem nun die Staats-
sondere den Regalien stell. Diese Vorstellung ist ganz auf-
zugeben. Die hier behandelten s. g. Hoheitsrechte sind gar keine
„Rechte“ des Staats, sondern sind die Staatsgewalt selbst, deren
verschiedene '['hätigkeitsformen nur in jenen Begriffen systemati-
sirt werden. Damit ergiebt sich von selbst die Ueberflüssigkeit,
aber freilich auch die Unrichtigkeit der Attribute „wesentlich“
und „unveräusserlich,“ und jeder klassificirenden Verbindung der
Thätigkeitsformen der Staatsgewalt mit den Regalien, die weder
etwas Gleichartiges noch etwas Gegensätzliches sind, indem sie
gegenüber jenen Begriffen ausser allem logischen Zusammenhange
stehen.
2 In der Erkenntniss der Gränze der Berechtigung der ge-
setzgeberischen 'Thätigkeit des Staats ist nach meiner Ansicht
eine überaus wichtige Voraussetzung richtiger innerer Politik ent-
halten. Eine unruhige Gesetzfabrikation, welche sich auch auf
die wandelbarsten Erscheinungen des Lebens erstreckt, und daher
das kaum Festgestellte alsbald wieder der Veränderung unter-
werfen muss, wird immer dem Ansehen des Gesetzes Eintrag thun.
Es scheint, als wenn von zwei Standpunkten aus das aus jener Er-
kenntniss sich ergebende Mass bestritten werde. Einmal wünscht
eine politische Partei die möglichste Ausdehnung des Gesetz-
gebungsgebiets, um dadurch den Umfang des Einflusses der
Ständeversammlung zu vergrössern; sodann wird dieser Wunsch
von Anderen deshalb gehegt, weil sie eine gerechte und gedeih-
liche Verwaltung sich nur unter der Voraussetzung denken können,
dass der Regierung kein Raum freien Entschliessens übrig bleibe,
sondern das ganze Staatsleben, selbst in seinen vorübergehenden
Erscheinungen, in die Form von Gesetzen gebracht sei. Würde
man diesem Gedanken unter dem Einflusse eines Prinzips des
Misstrauens rücksichtslos Raum geben, so würde er zuletzt dazu