Die Gesandtschaften und Konsulate 423
sich jedoch die mit fremden Staaten einzugehenden Verträges auf Ge-
genstände beziehen, die in das Gebiet der Reichsgesetzgebung fallen
(weil sie dem Reiche Lasten oder seinen Angehörigen Verpflichtungen
auferlegen, wie z. B. die Zoll= und Handelsverträge, die Konsular-
verträge usw.), ist nach Artikel 11 der Reichsverfassung zu ihrem Ab-
schluß die Zustimmung des Bundesrats und zu ihrer Gültigkeit auch
die Genehmigung des Reichstages erforderlich.
Das Organ des Reichskanzlers für die Verwaltung der auswär-
tigen Angelegenheiten ist das unter einem Staatssekretär stehende
Auswärtige Amt (s. Nr. 107). Diesem sind unterstellt die
Gesandtschaften, welche das Reich im Auslande in allen völ-
kerrechtlichen Beziehungen vertreten, und ferner die besonders mit
Wahrung der handelspolitischen Beziehungen betrauten Konfu-
late. Während also die Gesandten die allgemeinen staatlichen In-
teressen des Reichs zu vertreten haben, liegt den Konsulaten vor-
wiegend die Vertretung der deutschen Handelsinteressen im Aus-
land ob.
2. Die Gesandtschaften.
Die mit den Geschäften der sog. hohen Politik (Diplomatie) be-
trauten Gesandten sind nach Rang und Stellung eingeteilt in Bot
schafter, Gesandte im engeren Sinne (auch bevoll-
mächtigte Minister genannt), Ministerresidenten und Ge-
schäftsträger. Botschafter werden regelmäßig nur bei den
größeren Staaten bestellt; ihnen stehen die sog. Legaten oder
Nuntien des Papstes gleich. Die bei einem Staat beglaubigten
Gesandten auswärtiger Staaten bilden zusammen das diploma-
tische Korps, an dessen Spitze als sog. Doyen das rangälteste
Mitglied steht.
Den Gesandten sind nach Bedürfnis Hilfsarbeiter beigegeben:
Botschafts= oder Legationsräte, Dolmetscher lauch Dragomanen ge-
nannt), Attachés; ferner in neuerer Zeit häufig auch Militärbe-
gebung unterliegen, so sind doch noch auf manchen Gebieten Besprechungen
und Unterhandlungen zwischen den einzelnen Bundesstaaten zu pflegen.
Es bekleiden daher viele Bundesratsbevollmächtigte zugleich das Amt eines
Gesandten ihres Bundesstaats beim preußischen Hof, und Preußen seiner-
seits unterhält bei den meisten deutschen Staaten besondere Gesandtschaften.
Bahyern entsendet je einen „außerordentlichen Gesandten und bevollmäch-
tigten Minister“ nach Preußen, Sachsen und nach Stuttgart für Württem-
berg, Baden und Hessen, und empfängt auch seinerseits bon diesen Staaten
mit Ausnahme von Hessen Gesandte.
* Die Verträge werden entweder mit einem einzelnen Staate ab-
geschlossen (Einzelverträge) oder zwischen einer größeren Anzahl
von Staaten linternationale Verträge).
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