Verfassung. § 48 a. 117
ihrer Beratungen nach eigener Ueberzeugung abzustimmen. Sie
dürfen von ihren Kommittenten keine Instruktionen an-
nehmen.*
1. Das hier statuierte Verbot imperativer Mandate, das auch
in der Eidesformel Anerkennung gefunden hat (§ 69 Verf: „nur
des ganzen Landes allgemeines Wohl und Bestes, ohne Rücksicht auf
besondere Stände und Klassen“) ist wie die ähnliche Bestimmung in
Art 29 Reich-Verf eine lex imperfecta, deren Uebertretung keine
Rechtsfolgen hat. Aufträge der Wähler sind zwar recht-
lich unwirksam; die Wahl eines Abgeordneten wird aber durch Ueber-
nahme solcher Aufträge nicht ungültig, und die Wähler sind, da sich
das Verbot nicht an die Wähler richtet, nicht gehindert, einen Kan-
didaten auf Grund bestimmter Versprechungen hinsichtlich seines
politischen Verhaltens zu wählen. Laband, Staatsrecht I. S 273
und 274, Anm 1. Die Abgeordneten sind nach § 48 vom Willen ihrer
Wähler rechtlich unabhängig; ein staatsrechtliches Verhältnis zwischen
dem Abgeordneten und den Wählern besteht nicht, vgl von Seydel,
Kommentar, S 211, eine Aufforderung, das Mandat niederzulegen,
wäre ohne rechtliche Bedeutung. Das Gleiche gilt für das Verhalt-
nis der ernannten Mitglieder gegenüber der Regierung, vgl Wie-
landt, Staatsrecht, S 68. Auch die Stellvertreter der Standes-
herren (§ 28 Abs 2 und 3) sind an Weisungen des Hauptes der
standesherrlichen Familie nicht gebunden, vgl Bem 5 zu § 28 Verf.
§ 48a.
(1.) Kein Kammermitglied kann wegen seiner Abstim-
mungen oder wegen seiner Aeußerungen bei Kammer-, Ab-
teilungs= und Kommissions-Verhandlungen anders als nach
Maßgabe der Geschäftsordnung 1 der Kammer zur Verant-
wortung gezogen werden.
(2.) Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in
den öffentlichen Sitzungen beider Kammern bleiben von jeder
Verantwortlichkeit frei.“
Gesetz vom 21. Oktober 1867, Art 2.
1. Ueber die Geschäftsordnungen ’ unten unter VI. und die ein-
leitende Bemerkung dazu.
2. Soweit es sich um strafgerichtliche Verfolgung eines Kammer-
mitglieds handelt, ist Abs 1 jetzt ersetzt durch § 11 RStGB: „Kein
Mitglied eines Landtags oder einer Kammer eines zum Reiche ge-