I. Geschichte der Verfassung. 7
„dieser nicht würdigen und für den Einzelnen lästigen Umgehung
des Gesetzes ein Ende"“ und fügte gleichzcitig einem Beschluß der
zweiten Kammer vom 20. Oktober 1866 entsprechend die Vorschrift des
§ 482 in die Verfassung ein, wonach kein Kammermitglied wegen
seiner Abstimmungen oder wegen seiner Aeußerungen bei Kammer--,
Abteilungs= und Kommissionsverhandlungen anders als nach Maß-
gabe der Geschäftsordnung der Kammer zur Verantwortung gezogen
werden kann, und wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in
den öffentlichen Sitzungen beider Kammern von jeder Verantwort-
lichkeit frei bleiben.
Das aktive Wahlrecht bei der Wahlmännerwahl stand auch jetzt
noch nur denjenigen Staatsbürgern zu, die das fünfundzwanzigste
Lebensjahr zurückgelegt haben und im Wahldistrikt als Bürger an-
gesessen sind oder ein öffentliches Amt bekleiden, und nach der authen-
tischen Erklärung in § 43 der Wahlordnung vom 23. Dezember 1818
schloß diese Bestimmung die Hintersassen (Schutzbürger, val Ziff 10
des VI. KonstEdikts vom 4. Juli 1808), Gewerbsgehilfen, Gesinde,
Bediente usw, also alle nicht selbständigen Staatsbürger, wie nicht
minder alle diejenigen über 25 Jahre alten selbständigen Staats-
bürger von der Wahl aus, die ein Gemeindebürgerrecht nicht an-
getreten oder erlangt, oder die zwar in einer Gemeinde das Orts-
bürgerrecht besitzen, aber sich an einem anderen Ort niedergelassen
haben. Durch die Gemeindeordnung vom 31. Dezember 1831
(RegBl 1832 Nr VIII, S 81) war allerdings der Unterschied
zwischen Orts= und Schutzbürgern beseitigt und dadurch mehr als
80 000 Personen — bei im ganzen beiläufig 200 000 Orts= und
Schutzbürgern — das Wahlrecht zur zweiten Kammer eingeräumt
worden (vgl Fröhlich, Gemeindegesetze, Einl S XXVI).
Immerhin wurde aber die Anknüpfung des Wahlrechts an das
Ortsbürgerrecht für alle diejenigen, welche kein öffentliches Amt be-
kleiden, als nicht mehr zeitgemäß empfunden, namentlich nachdem
die Gesetzgebung des Jahres 1862 über Niederlassung und Aufenthalt
usw. die Rechtsstellung der Ortsbürger wesentlich verändert hatte.
Schon in früheren Jahren hatte es nicht an vereinzelten Versuchen
gefehlt, eine Aenderung dieser Vorschriften der Verfassung herbei-
zuführen. So begründete der Abgeordnete Gerbel schon im Jahre
1831 eine Motion in dem Sinne, daß das Wahlrecht statt an das
Ortsbürgerrecht an das Staatsbürgerrecht geknüpft werde, und auf
den Landtagen 1841/42 und 1846 wurden Petitionen in diesem
Sinne bei der zweiten Kammer eingereicht.
Auch waren in dem von der Regierung unterm 13. April 1849