EIN RÜSTUNGSABKOMMEN? 437
nach Erweiterung des Kaiser-Wilhelm-Kanals und Fertigstellung der
Helgolandposition überstanden sein. Schon in zwei Jahren werde sie
erheblich geringer sein.
Der Herr Reichskanzler: ‚Das ist sehr schön. Die Frage ist aber
immer wieder: Wie kommen wir über die derzeitigen Gefahren weg?"
Admiral von Tirpitz hält eine Beseitigung der Gefahr durch eine
Verständigung über Neubauten im Verhältnisse 3:4 für möglich.
Der Herr Reichskanzler ersucht den Staatssekretär des Reichs-
marineamts, den Befehlen Seiner Majestät gemäß eine Formel für eine
Verständigung auszuarbeiten. Er macht aber dabei darauf aufmerksam,
daß keine Diplomatie der Welt die englische Regierung dahin bringen könne,
eine Formel zu akzeptieren, die England als für seine Existenz bedrohlich
erscheine.
Admiral von Tirpitz kann der Aufstellung einer Formel im jetzigen
Augenblicke keinen Wert beimessen. Besonders, da bei der praktischen
Verwendung derselben durch einen anderen in etwaigen Verhandlungen
mit den Engländern leicht Mißverständnisse unterlaufen könnten. Eine
solche Formel könne nur als eine Vorbereitung aufzufassen sein für den
Fall, daß England tatsächlich einen Schritt zur Annäherung an uns zum
Zwecke der Herbeiführung eines Rüstungsabkommens tun sollte. Erst
nach dem Maße der englischen Annäherung würde zu beurteilen sein,
welche Gestalt eine eventuelle Formel anzunehmen habe. Der Staats-
sekretär von Tirpitz wiederholt im Anschluß daran seine früher gemachten
Ausführungen (s. S.5 des Protokolls), daß nach dem Verhalten der eng-
lischen Regierung in diesem Frühjahr die Initiative nicht von uns ausgehen
dürfe.
Der Herr Reichskanzler bittet schließlich, die Tatsache und den Inhalt
dieser Besprechung streng geheim zu halten.“