Full text: Badisches Verfassungsrecht.

232 III. Wahlrechtsgesetze. 
bericht der zweiten Kammer dazu, unter Hinweisung auf § 41 Ziff 9 
Verws#l, ausdrücklich anerkannt. Bestritten ist dagegen die Frage, 
ob und inwieweit die Kammern bei der ihnen nach § 41 Verf über- 
tragenen Entscheidung über streitige Wahlen durch ein rechtskräftiges 
Urteil des Verwaltungsgerichtshofs rechtlich gebunden sind. Wie- 
landt, Staatsrecht, S 67, Anm 1 verneint dies, in Ueberein- 
stimmung mit der communis opinio, wie Walz, Vermzeitschr 1902, 
S 139, wo die gegenteilige Ansicht vertreten wird, zugibt. In den 
Motiven zu § 3 Ziff 18 VerwRpPflG ist bemerkt: „Das Recht auf 
Teilnahme an den Wahlen für den Landtag verdient seiner politischen 
Bedeutung wegen zweifellos in gleicher Weise wie das Wahlrecht bei 
Gemeindewahlen richterlichen Schutz. Dagegen soll über die Wahl- 
berechtigung der Wahlmänner, die Gültigkeit der Wahlmännerwahlen, 
die Wählbarkeit zur ersten und zweiten Kammer, so wenig wie über 
die Gültigkeit der Wahlen zu den Kammern, mit Rücksicht auf die 
der Kammer selbst zustehende Entscheidung über streitige Wahlen, ein 
verwaltungsgerichtliches Verfahren stattfinden.“ Man wird in diesem 
Wortlaut keinen Beweis dafür finden können, daß man sich über die von 
Walz behauptete Einschränkung des Prüfungsrechts der Kammern 
„seiner Zeit völlig lar gewesen“ ist, wie Wal zaa O annimmt. Zwar 
werden, wie Wielandt aa O bemerkt, die Kammern nur in ganz 
ausnahmsweisen Fällen sich veranlaßt sehen, eine verwaltungsgericht- 
liche Entscheidung über das Stimmrecht unberücksichtigt zu lassen; 
rechtlich gebunden sind sie aber an eine solche Entscheidung nicht, 
vielmehr sind sie nach § 41 Verf befugt, aus Anlaß der Entscheidung 
über streitige Wahlen auch über die Stimmberechtigung eines ein- 
zelnen Wählers zu befinden und zwar nicht nur, was selbstverständ- 
lich ist, wenn eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung gar nicht 
herbeigeführt wurde, sondern auch, wenn dies geschehen ist. Es ist 
selbstverständlich unzulässig, daß, nachdem durch rechtskräftige Ent- 
scheidung des Verwaltungsgerichtshofs das Stimmrecht eines Wählers 
anerkannt ist, die zuständigen Behörden (Gemeinderat, bei Einsprachen 
Bezirksrat) bei der nächsten Wahl demselben Wähler von neuem das 
Stimmrecht aus den gleichen Gründen aberkennen. Die Kammern 
sind aber nicht Behörden und auch nicht in dem Sinne Organe des 
Staats, daß ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift auch für sie die 
rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung bindend wäre. 
Die Zulassung der verwaltungsgerichtlichen Klage nur über die Stimm- 
berechtigung, nicht auch über die Wählbarkeit, hat ihre Berechtigung 
darin, daß zwar die Stimmberechtigung bei jeder künftigen Wahl 
wieder streitig werden muß, sofern die Behörde auf ihrer früheren 
Ansicht beharrt, die Wählbarkeit aber nur dann, wenn der Betreffende
	        
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