Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

692 Fünftes Buch. $ 246. 
Die Steuerpflicht bei den Steuern vom Vermögen und Ein- 
kommen beruht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Aufenthalt. 
Bei Personen, die ibren Wohnsitz oder Aufenthalt in einem anderen 
Staate als dem ihrer Angehörigkeit nehmen, kann daher eine Doppel- 
besteuerung vorkommen’. Diese Doppelbesteuerung ist für deutsche 
Reichsangehörige, die außerhalb ihres Heimatlandes, aber innerhalb 
des Reiches ihren Wohnsitz haben, durch ein besonderes Reichsgesetz 
ausgeschlossen. Dieses Reichsgesetz regelt nicht die Steuerpflicht 
der Einzelnen, sondern beschränkt das Besteuerungsrecht der Bundes- 
staaten. Es bezieht sich auf Reichsangehörige, also grundsätzlich 
nur auf physische Personen. Doch ist seine Anwendbarkeit auf 
juristische Personen vom Bundesrate tatsächlich anerkannt worden. 
— Personen, die, obwohl sie sich in einem Staate aufhalten, doch 
dessen Herrschaft nicht unterworfen werden, können in ihm natür- 
lich auch nicht zu Steuern herangezogen werden. Die sogenannten 
Exterritorialen!° sind daher steuerfrei. 
Die Feststellung der von den einzelnen Steuerpflichtigen zu 
entrichtenden Steuerbeträge erfolgt, da der Gegenstand der 
Besteuerung sich äußerer Wahrnehmung entzieht, notwendig durch 
Schätzung. Die Schätzung geschieht durch Schätzungskom- 
missionen, die sich aus Elementen der Selbstverwaltung zusammen- 
setzen, an deren Spitze aber in der Regel ein Staatsbeamter steht. 
Die Einschätzung durch die Kommissionen findet auf Grund von 
Ermittelungen, welche die Kommissionen selbst vorgenommen haben, 
oder auf Grund einer Steuerdeklaration des Steuerpflichtigen statt. 
Die Zahlung der Steuer muß zu bestimmten Terminen er- 
folgen, die entweder durch Gesetz oder durch den Etat oder durch 
eine Anordnung der Finanzbehörden festgestellt sind. Ein Erlaß 
Schanz, Art. Ertragssteuern H.W.B.? 3, 1102: das reine Ertragssteuersystem 
besteht nur noch in Bayern, Mecklenburg und Elsaß-Lothringen. 
T Gegenstand der Besteuerung ist das Gesamteinkommen, d. h. alles, was 
eine bestimmte Person ‚innerhalb des bestimmten Jahres erwirbt. Vgl. Ger- 
lach, Art. Einkommensteuer (Deutschland) H.W.B.? 3, 697 unter Berück- 
sichtigung der einzelstaatlichen Gesetzgebung bis 1909. 
Gegenstand der Besteuerung ist das gesamte bewegliche und unbeweg- 
liche Vermögen einer Person nach Abzug der Schulden. 
Doppelsteuer ge setz vom 22. März 1909 (R.G.Bl. S. 332) abge- 
druckt bei Sartorius? Nr. 50. — v. Eheberg, Art. Doppelbesteuerun 
H.W.B® 38, 553; Laband, Art. Doppelbesteuerung V.R.W. 1, 562. — Das & 
wegen der Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 wurde durch 
G. vom 22. Mai 1909 abgeändert und erhielt in neuer Fassung den Namen: 
Doppelsteuergesetz. — Einen Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes hat ein 
Deutscher an dem Orte, an welchem er eine Wohnung unter Umständen inne 
hat, die auf die Absicht dauernder Beibehaltung einer solchen schließen läßt. 
. 1° Den Gesandten steht nach unbestrittenen völkerrechtlichen Grundsätzen 
Freiheit von direkten Steuern mit Ausnahme der Fälle zu, wo sie im Lande 
ihres Aufenthaltes Grundbesitz haben oder Gewerbe betreiben. Dagegen sind 
ihre Steuerfreiheiten in bezug auf indirekte Steuern gewissen Beschränkungen 
unterworfen. Die Konsuln dagegen haben, weil sie nicht exterfitorial sind, 
nach völkerrechtlichen Grundsätzen auch keinen Anspruch auf Steuerfreiheit. 
Doch wird ihnen, namentlich den Berufskonsuln, die Freiheit von direkten 
Steuern in dem Umfange, in dem sie die Gesandten besitzen, häufig tatsächlich 
zugestanden, sie ist auch durch völkerrechtliche Verträge ausdrücklich ein- 
geräumt worden. 
  
 
	        
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