Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1875. (66)

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G. 52. 
Dem Vormundschaftsgericht sind für jede Gemeinde oder für örtlich ab- 
zugrenzende Gemeindetheile ein oder mehrere Gemeindeglieder als Waisenräthe 
zur Seite zu setzen. » 
Für benachbarte Gemeindebezirke können dieselben Personen zu Waisen- 
räthen bestellt werden. 
Das Amt eines Waisenraths ist ein unentgeltliches Gemeindeamt. 
Durch Beschluß der Gemeindebehörde kann das Amt des Waisenraths 
besonderen Abtheilungen der Gemeindeverwaltung übertragen oder mit schon be- 
stehenden Organen der Gemeindeverwaltung verbunden werden. 
Auf sekbstständige Gutsbezirke finden die vorstehenden Bestimmungen mit 
der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Waisenräthe von dem Guts- 
vorsteher ernannt werden. 
g. 53. 
Der Waisenrath hat die Aufsicht über das persönliche Wohl des Mündels 
und über dessen Erziehung zu führen, insbesondere Mängel oder Plihmidri 
keiten, welche er bei der korperlichen oder sittlichen Erziehung des Mündels wahr- 
zenh anzuzeigen, auch auf Erfordern über die Person des Mündels Auskunft 
zu ertheilen. 
Er hat diejenigen Personen vorzuschlagen, welche im einzelnen Falle zur 
Berufung als Vormund oder Gegenvormund geeignet erscheinen. 
S. 54. 
Das Vormundschaftsgericht hat dem Waisenrath des Bezirks, in welchem 
der Mündel wohnt, von der einzuleitenden Vomnundschaft, sowie in den Fällen 
des zweiten Absatzes §. 12. und des §. 13. von der gesetzlichen Vormundschaft 
Kenntniß zu geben und den Vormund namhaft zu machen. 
Von einer Verlegung der Wohnung des Mündels in eine andere Gemeinde 
oder einen anderen Bezirk hat der Vormund den Waisenrath zu benachrichtigen. 
Dieser hat dem Waisenrath des neuen Aufenthaltsortes Kenntniß zu geben. 
G. 55. 
Das Vormundschaftsgericht hat vor einer von ihm zu treffenden Anord- 
nung auf Antrag des Vormundes oder des Gegenvormundes oder eines Ver- 
wandten oder Verschwägerten des Mündels drei von den näheren Verwandten 
oder Verschwägerten desselben, sofern sie ohne Verzug erreichbar sind, gutachtlich 
hören. Es steht ihm frei, auch ohne Antrag Verwandte oder Verschwägerte 
es Mündels gutachtlich zu hören. 
Das Vormundschaftsgericht hat vor der Entscheidung über die zu einer 
Eei des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund 
zu hören. 
Das Vormundschaftsgericht hat vor der Entscheidung über die Veräuße- 
rung einer unbeweglichen Sache oder die Auflösung eines Erwerbsgeschäfts den 
Mündel, welcher das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, zu hören. Di 
(r. 8314.) ie
	        
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