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(Nr. 3364.) Gesetz, betreffend die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger und die Aufhebung der
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Minderjährigkeit. Vom
12. Juli 1875.
Wir Wilhelm) von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.
verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie,
für den ganzen Umfang delhelen. was folgt:
K. I.
Mindeshrig welche das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
sind zur Vornahme von Rechtsgeschäften nicht schig.
§. 2.
Minderjährige, welche das siebente Lebensjahr vollendet haben, sind ohne
Genehmigung des Vaters, Vormundes oder Pftegers nicht fähig, durch Rechts-
geschäfte Verbindlichkeiten zu übernehmen oder Rechte aufzugeben, jedoch fähig,
durch Rechtsgeschäfte, bei welchen von ihnen keine Gegenleistung übernommen
wird, Rechte zu erwerben oder von Verbindlichkeiten sich zu befreien.
K. 3.
, Die wegen fehlender Genehmigung unwirksamen Geschäfte werden wirksam
wenn der Minderjährige nach erlangter Selbstständigkeit sie anerkennt. Dur
Zeitablauf werden sie nicht wirksam.
S. 4.
Derjenige, mit welchem der Minderjährige ein wegen fehlender Genehmigun
unwirksames Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, ist an dasselbe gebunden) er wi
sdog von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Vater, Vormund oder Pfleger
ie Genehmigung zu dem abgeschlossenen Rechtsgeschäft verweigert.
Der Verweigerung steht es gleich, wenn auf ergangene usforderung der
Vater, Vormund oder Pfleger oder der Minderjährige nach erlangter Selbst
stöndigteit die Genehmigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen nicht
ertheilt.
S. 5.
Hat der Vater oder unter Genehmigung des Vormundschaftsgerichts der
Vormund den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes dem Minderjährigen
estattet, so ist Letzterer zur selbstständigen Wornahme derjenigen Rechtsgeschäfte
säda welche der Betrieb des Erwerbsgeschäfts mit sich bringk.
Zu einzelnen innerhalb dieses Betriebs vorkommenden Rechtsgeschäften
bedarf der Minder ährige der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in gleicher
Weise, wie nach — estehenden Vorschriften der Vater oder Vormund dieser
Genehmigung bedürfen würde.
Ké.