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(Nr. 9219.) Gesetz, betreffend die Kantongefängnisse in der Rheinprovinz. Vom 30. Juni 1887.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Koͤnig von Preußen .
verordnen für den Bezirk des vormaligen Appellationsgerichtshofes zu Cöln, unter
Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
K. 1.
Die Gemeinden sind nicht ferner verpflichtet, Kantongefängnisse zu bauen
und zu unterhalten und für die Verpflegung und Beaufsichtigung der darin unter-
zubringenden gerichtlichen Strafgefangenen zu sorgen.
G. 2.
Das Eigenthum an den ausschließlich als Kantongefängnisse dienenden Ge-
bäuden nebst den dazu gehörenden Hofräumen und Utensilien geht vorbehaltlich der
Bestimmungen des §. 4 auf den Staat über.
Der Staat ist verpflichtet, auf Verlangen der Gemeinden die lebenslänglich
angestellten Beamten solcher Kantongefängnisse mit ihrem Einkommen und ihren
etwaigen Pensionsansprüchen in den Staatsdienst zu übernehmen.
S. 3.
Soweit die im F§. 2 gedachten Kantongefängnisse bisher zugleich zur Auf-
nahme der Polizeigefangenen der Gemeinde gedient haben, ist der Staat ver-
pflichtet, diese Gefangenen gegen Zahlung der Heizungs-, Reinigungs= und Ver-
pflegungskosten von Seiten der Gemeinden auch ferner in den Kantongefängnissen
aufzunehmen.
Die Staatsregierung ist jedoch berechtigt, die Entfernung der Polizei-
gefangenen der Gemeinden aus den Kantongefängnissen binnen einer von ihr an-
gemessen zu bestimmenden Frist zu verlangen. Den Gemeinden ist in diesem Falle
für die durch Beschaffung eines anderweiten Polizeigefängnisses erwachsenden Kosten
eine von den Ministern des Innern, der Justiz und der Finanzen unter Vor-
behalt des Rechtsweges festzustellende Pauschalentschädigung zu gewähren. Bei
Normirung dieser Entschädigung ist die tägliche Durchschnittszahl der Polizei-
gefangenen während der letzten drei Jahre zu Grunde zu legen, jedoch mit der
Maßgabe, daß die den Gemeinden zu gewährende Entschädigung den Taxwerth
des Kantongefängnisses zur Zeit der Uebernahme des Gebäudes nicht übersteigen darf.
S. 4.
Den Gemeinden verbleibt das Eigenthum derjenigen Kantongefängnisse:
a) welche sich in gleichzeitig anderen Zwecken dienenden Gemeindegebäuden
befinden;
b) welche die Staatsregierung bis zum Tage des Inkrafttretens dieses
Gesetzes den Gemeinden belassen zu wollen erklärt.
(Tr. 9219.)