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2) wenn kein Nachkomme des Eigenthümers das Landgut unter den vom
Familienrathe festgestellten Bedingungen übernehmen will.
K. 19.
Der Familienrath bestimmt nach pflichtmäßigem Ermessen den bei der
Erbtheilung an die Stelle des Landgutes nebst Zubehör tretenden Werth desselben
unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse dergestalt, daß
auch hierbei die dauernde Erhaltung des Gutes den ausschlaggebenden Gesichts-
punkt bildet und soweit, als es dies Interesse erfordert, der Gutsübernehmer vor
seinen Miterben zu bevorzugen ist.
Unter dem zu bestimmenden Werthe des Landgutes ist nicht der Verkaufs-
werth, sondern der Ertragswerth desselben zu verstehen.
Das Ermessen des Familienraths wird insoweit beschränkt, daß der Werth
des Landgutes nicht geringer, als der fünfundzwanzigfache, und nicht höher, als
der fünfundvierzigfache Betrag des jährlichen Grundsteuerreinertrages der zu dem
Landgute gehörigen Liegenschaften bestimmt werden kann. Bei Imdgüteln f bei
welchen der Grundsteuerreinertrag geringer ist, als der nach der Gebäudesteuer
berechnete Nutzungswerth der zu dem Landgute gehörenden Gebäude, oder bei
welchen diese Gebäude einen besonderen Nutzen durch Vermiethung oder dergleichen
gewähren, bestimmt der Familienrath den Werth der Grundstücke und Gebäude
in Gemäßheit der Vorschrift des ersten Absatzes nach freiem Ermessen.
Soweit die Betheiligten uneinig darüber sind, ob einzelne Gegenstände
zum Gutsinventar gehören, steht dem Familienrathe die Entscheidung zu.
g. 20.
Von dem nach F. 19 festgesetzten Gutswerthe ist der Betrag der auf dem
Gute ruhenden Hypotheken und Grundschulden, sowie der nach der vermuthlichen
Lebensdauer des Berechtigten vom Familienrathe nach freiem Ermessen zu be-
stimmende Werth der von dem Gute zu leistenden Auszugs- und Alimentations-
verpflichtungen, mit Ausnahme jedoch der im §. 22 erwähnten, abzusetzen. Der
hiernach verbleibende Betrag bildet den für die Erbtheilung und sonach für die
Berechnung der Abfindung der Miterben maßgebenden Werth des Landgutes.
S. 21.
Hat der Eigenthümer eines Landgutes eine Wittwe hinterlassen, mit welcher
er in Err haft nach althessischem Rechte gelebt hat, so bestimmt
der Familienrath nach pflichtmäßigem Ermessen unter Berücksichtigung der Leistungs-
fähigkeit des Gutes und der Vermögensverhältnisse der Wittwe, ob und welcher
Einsitz und Auszug derselben von dem Gutsübernehmer zu gewähren ist.