Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1890. (81)

— 185 — 
Artikel 7. 
Die Kirchengemeindeorgane bedürfen zur Führung von Prozessen keiner 
Ermächtigung von Seiten der Staatsbehörde. 
Artikel 8. 
Die Staatsbehörde ist berechtigt, von der kirchlichen Vermögensverwaltung 
Einsicht zu nehmen, zu diesem Behuf die Etats und Rechnungen einzufordern, 
sowie außerordentliche Revisionen vorzunehmen und auf Abstellung der etwa ge- 
fundenen Gesetzwidrigkeiten durch Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel zu 
dringen. 
Weigert sich ein Kirchenvorstand, gesetzliche Leistungen, welche aus dem 
kirchlichen Vermögen zu bestreiten sind, oder den Pfarreingesessenen obliegen, auf 
den Etat zu bringen, festzusetzen oder zu genehmigen, so ist sowohl die Kirchen- 
behörde, als auch die Staatsbehörde, jedoch nur unter gegenseitigem Einvernehmen 
befugt, die Eintragung in den Etat zu bewirken und die weiter erforderlichen 
Anordnungen zu treffen. 
Bestreiten die Gemeindeorgane die Gesetzwidrigkeit beanstandeter Posten 
oder die Verpflichtung zu den auf Anordnung der Kirchen= und der Staatsbehörde 
in den Etat eingetragenen Leistungen, so entscheidet auf Klage der Gemeinde- 
organe im Verwaltungsstreitverfahren das Oberverwaltungsgericht. 
Artikel 9. 
Durch Königliche Verordnung werden diejenigen Staatsbehörden bestimmt, 
welche die in den Artikeln 3, 4, 5 und 8 dieses Gesetzes erwähnten Rechte zu 
üben haben. 
Artikel 10. 
Alle diesem Gesetze, sowie der anliegenden Gemeindeordnung vom 11. März 
1889 entgegenstehenden Bestimmungen, mögen dieselben in allgemeinen Landes- 
gesetzen, in Provinzial= oder Lokalgesetzen und Lokalordnungen enthalten, oder 
durch Observanz oder Gewohnheit begründet sein, treten außer Kraft. 
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem 
Königlichen Insiegel. 
Gegeben Neues Palais, den 2. Juni 1890. 
(. S.) Wilhelm. 
v. Caprivi. v. Boetticher. v. Maybach. v. Goßler. v. Scholz. 
Herrfurth. v. Schelling. v. Verdy. Flrhr. v. Berlepsch. 
(Xr. 9401.) 43*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.