Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1897. (88)

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K. 72. 
Bei der Berathung und Abstimmung über Rechte und Verpflichtungen der 
Gemeinde darf dasjenige Mitglied der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung), 
dessen Interesse mit dem der Gemeinde im Widerspruche steht, nicht zugegen sein. 
Wird die Versammlung aus diesem Grunde beschlußunfähig (6. 70), so beschließt 
an Stelle der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) der Gemeinderath, wo 
ein solcher nicht besteht, der Kreisausschuß. 
. 73. 
In den Gemeinden, in welchen ein kollegialischer Gemeindevorstand (Ge- 
meinderath) eingeführt ist, wird dieser zu allen Versammlungen der Gemeinde- 
vertretung eingeladen und kann sich durch Abgeordnete vertreten lassen. 
Die Gemeindevertretung kann verlangen, daß Abgeordnete des Gemeinde- 
rathes bei ihren Berathungen anwesend sind; die Abgeordneten des Gemeinde- 
rathes müssen gehört werden, so oft sie es verlangen. 
Bei den Sitzungen der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) findet 
beschränkte Oeffentlichkeit statt. Den Sitzungen können als Zuhörer alle zu den 
Gemeindeabgaben herangezogenen männlichen großjährigen Personen beiwohnen, 
welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden und Gemeinde- 
angehörige (G. 7) oder Stimmberechtigte auf Grund des §. 16 Absatz 1 oder 
Vertreter von Stimmberechtigten G. 17 Absatz 1 Nr. 1, 2 und 4) sind. Für 
einzelne Gegenstände kann durch besonderen Beschluß, welcher in geheimer Sitzung 
gefaßt wird, die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden. 
Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß die Sitzungen mit Angabe 
der Tagesordnung in ortsüblicher Weise vorher öffentlich bekannt zu machen sind. 
g. 74. 
Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen, eröffnet und schließt die Sitzungen 
und handhabt die Ordnung in der Versammlung. 
Er kann jeden Zuhörer, welcher Störung verursacht, aus dem Sitzungs- 
zimmer entfernen lassen. 
S. 75. 
Die Beschlüsse der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) sind in ein 
besonderes Buch einzutragen und von dem Vorsitzenden, sowie wenigstens zwei 
stimmberechtigten Mitgliedern der Versammlung zu unterzeichnen. 
S. 76. 
Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß unentschuldigtes Ausbleiben 
aus den Versammlungen der Gemeindevertretung, sowie ordnungswidriges Be- 
nehmen in diesen Versammlungen oder in der Gemeindeversammlung für das 
betreffende Mitglied eine in die Gemeindekasse fließende Geldstrafe von einer bis 
drei Mark nach sich ziehen, und daß im Wiederholungsfalle nach Lage der Sache
	        
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