Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1897. (88)

In folgenden Angelegenheiten bedarf der Gemeindekirchenrath der be- 
schließenden Mitwirkung der Gemeindevertretung: 
1) bei dem Erwerb, der Veräußerung und der dinglichen Belastung von 
Grundeigenthum, der Verpachtung und Vermiethung von Krirchen- 
##undstäcken auf länger als zehn Jahre, und der Verpachtung oder 
ermiethung der den kirchlichen Beamten zur Nutzung oder zum 
Gebrauch überwiesenen Grundstücke über die Dienstzeit des jeweiligen 
Inhabers hinaus; 
2) bei außerordentlichen Nutzungen des Vermögens, welche die Substanz 
selbst angreifen, sowie bei Kündigung und Einziehung von Kapitalien, 
sofern sie nicht zur zinsbaren Wiederbelegung erfolgt; 
3) bei Anleihen, soweit sie nicht blos zur vorübergehenden Aushülfe dienen 
und aus den laufenden Einnahmen derselben Voranschlagsperiode zurück- 
erstattet werden können; 
4) bei der Anstellung von Prozessen, soweit sich dieselben nicht auf Ein- 
treibung fortlaufender Zinsen und Gefälle oder die Einziehung aus- 
stehender Kapitalien, deren Zinsen rückständig geblieben sind, beschränken, 
desgleichen bei der Abschließung von Vergleichen; 
5) bei Neubauten und erheblichen Reparaturen an Baulichkeiten, sofern 
nicht über die Nothwendigkeit der Bauausführung bereits durch die zu- 
ständige Behörde endgültig entschieden ist. Für erheblich gelten Re- 
paraturen, deren Kostenanschlag 150 Mark übersteigt. Im Fall des 
Bedürfnisses kann die Gemeindevertretung ein- für allemal die Voll- 
macht des Gemeindekirchenraths zur Vornahme höher veranschlagter 
Reparaturen, jedoch nicht über die Summe von je 900 Mark hinaus, 
erweitern. 
Die Vorschriften 1 bis 5 finden Anwendung auf alles kirchliche 
Vermögen, gleichviel ob es rechtlich der Gemeinde, der Kirche oder 
einer kirchlichen Stiftung gehört, sofern es nur der Verwaltung der 
früheren Kirchenvorsteher der Gemeinde oder einer Gemeindekörperschaft 
unterlegen hat; 
6) bei der Beschaffung der zu den kirchlichen Bedürfnissen erforderlichen 
Geldmittel und Leistungen, insbesondere bei Festsetzung der auf die 
Gemeinde zu repartirenden Umlagen und bei Bestimmung des Repar- 
titionsfußes, welcher nach Maßgabe direkter Staatssteuern festgesetzt 
werden muß. 
Bis zur Einführung der Reform der direkten Staatssteuern hat 
die Vertheilung der Umlagen nach dem Verhältniß sämmtlicher von 
den Mitgliedern der Kirchengemeinden zu entrichtenden direkten Staats- 
steuern mit Ausschluß der Steuer für den Gewerbebetrieb im Umher-
	        
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