30 Unterwerfung Norddeutschlands.
nachdem man sich einer Anzahl Eisenbahnwagen bemächtigt
hatte, in Cassel ein. Der Kurfürst war ruhig auf Schloß
Wilhelmshöhe geblieben, weil er den Kriegsstand nicht an-
erkenne; er wurde dort als Staatsgefangener bewacht und,
nachdem er den Bündnißantrag wiederholt abgelehnt hatte,
einige Tage später zuerst nach Minden und dann im könig-
lichen Schlosse zu Stettin internirt, übrigens aber durchaus
als befreundeter Souverän behandelt. Die Verwaltung Kur-
hessens übernahm General Beyer, und unter demselben als
preußischer Civilcommissar zuerst Geheimrath Max Duncker
und später Regierungspräsident von Möller. Außer den bis-
herigen Ministern blieben sämmtliche Landesbehörden im
Dienst, so daß auch hier keine schädliche Störung der Regie-
rungsgeschäfte fühlbar wurde.
Etwas weiter aussehend gestaltete sich der Gang der
Dinge in Hannover.
Auch dort hatte König Georg, längst ungeduldig gegen-
über der preußischen Zumuthung, seine Neutralität durch
Versetzen seiner Truppen auf vollen Friedensfuß zu be-
thätigen, gleich auf die telegraphische Kunde von dem Bundes-
beschluß noch am 14. die Mobilmachung befohlen, für deren
Durchführung allerdings, wie wir sahen, noch mehrere Wochen
erforderlich gewesen wären. Nichts desto weniger war bei
dem Könige kein Gedanke an Erfüllung der preußischen
Forderung, wie sie ihm Prinz Osenburg am Morgen des
15. Juni vorlegte. Er hatte keine Neigung gehabt, sich
vertragsmäßig zu unbewaffneter Neutralität zu verpflichten;
wie sollte er jetzt noch dazu die Unterwerfung unter die Ar-
tikel der Bundesreform auf sich nehmen! E berief schleunig
einen Ministerrath, welchem er seinen oft geäußerten Entschluß