2. Bei mangelndem Vernunftgebrauch.
Art. 62.
Es kann keine Strafe erkannt werden:
1) en Personen, welche bei Begehung einer gesetzwidrigen Handlung durch eine
allgemeine oder theilweise Seelenkrankheit des Gebrauchs ihrer Vernunft völlig
beraubt gewesen sind,
2) gegen taubstumm geborene, oder in den Jahren der Kindheit taubstumm ge-
wordene Personen; in beiden Fällen vorausgesehtzt, daß sie ohne eine solche Aus-
bildung geblieben sind, in Folge welcher sie der Strafbarkeit ihrer Handlung
sich hätten bewußt werden können,
3) gegen diejenigen, welche sich zur Zeit des verübten Verbrechens in Folge einer
Krankheit oder anderer Umstände in dem Zustand vösliger Bewußtlosigkeit be-
funden haben. Hat sich jedoch der Thäter absichtlich in einen solchen Zustand
versezt, um ein Verbrechen zu verüben, so ist lepteres alo vorsätzlich begangen
an demselben zu bestrafen.
Die Straflosigkeit der gedachten Personen schließt die Ergreifung von Sicherheitsmaß-
regeln zur Verhütung anderweiter gesetzwidriger Handlungen derselben nicht aus.
3. Bei Irrthum.
Art. 63.
Wird eine Handlung begangen, welche nicht schon an sich, jondern nur wegen that-
sächlicher, dem Thäter ohne sein Verschulden unbekannt gebliebener Umstände ein Verbrechen
ist, so ist der Thäter straflos.
Ist die Handlung schon an sich ein Verbrechen, und ihre Straföarkeit wird nur durch
thatsächliche Umstände erhöht, welche dem Thäter ohne sein Verschulden unbekannt geblieben
lind, 5 n diese Umstände bei dem Strafurtheil außer Rücksicht zu lassen.
Wahn, daß eine verbotene Handlung nach dem Gewissen oder der Religion er-
laubt n # die Umwiissenheit iber die Strafbarkeit der Haudlung überhaupt oder
über die Art und Größe der Strafe, die Beschaffenheit der Beweggründe zur That und
der Zwecke, welche der Thäter hhen wollte, schließen die Strafbarleit der Haudlung
nicht aus.
4. Bei mangelnder Freiheit.
Art. 64.
Wer zu einer gesetzwidrigen Handlung durch unabwendbare körperliche Gewalt genö-
thigt wird, oder durch Drohungen, welche mit einer gegenwärtigen unabwendbaren Gefahr