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welche sie wahrscheinllch verursacht wurden, genau zu verzeichnen und die etwa vorge-
fundenen, möglicher Weise gebrauchten Werkzeuge mit den vorhandenen Verletzungen zu
vergleichen.
Art. 171. Die Leichenöffnung kann unterbleiben, wenn schon bei der Leichenschau
aus der Beschaffenheit der vorhandenen Verletungen in Verbindung mit der Zeit des
erfolgten Todes und den sonst vorliegenden Umständen die Todesursache sich nach dem
Urtheile der zugezogenen Sachverständigen mit unzweiselhafter Gewißbeit ergibt.
Außerdem ist die Lelchenöffnung in der Weise vorzunehmen, daß die Kopf= Bruü#=
und Unterleibs- Höhle eröffnet werden; selbst in dem Falle, wenn die Ursache des Todes
bereits in einem Theile des Körpers aufgefunden worden is.
Art. 172. Bei dem Kindermorde ist, wenn das Leben des Kindes uicht schon
ohnedies außer Zweifel beruht, noch insbesondere die Lungen= und Athem-Probe vorzu-
nehmen und darauf zu achten, ob das Kind sein Leben außerhalb der Mutter fortzusepen
geeignet gewesen.
Art. 173. Bei Vergiftungen ist die erforderliche Untersuchung giftiger oder sonsi
verdächtiger Gegenstände durch zwei Chemiker unter Beaussichtigung des Gerichtsarztes
vornehmen zu lassen. Das Beisein des Gerichtes ist hierbei nicht erforderlich.
Begutachtungen sind in Vergistungsfällen von den Aerzten und Chemlkern zu geben.
Art. 174. Bei Körperverleyungen und Verwundungen ist bei dem etwa erfor-
derlichen Augenscheine und der Begutachtung beiondere Rücksicht auf die gebrauchten
Werkzeuge und auf die elngerretenen oder noch zu besorgenden nachtheillgen Folgen zu
nehmen.
Bei den nach Art. 131, Nr. 4 und 5 des Strafgesetzbuches zu bestrafenden Kör-
perverlepungen kann nach richterlichem Ermessen statt des gerichtlichen Arztes oder Wund-
arztes der Hausarzt oder Hauswundarzt als Sachverständiger gebraucht werden.
Zehntes Kapitel.
Von den Zeugen und dem Beschädigten in der Voruntersuchung.
I. Pflicht zum Zeugniß.
Art. 175. In der Regel ist jeder verpflichtet, über dasjenige, was ihm von dem
Gegenstande der Untersuchung bekannt ist öder damit in Verbindung sieht, vor Gericht
Zeuguiß abzulegen.
Er erhält dafür auf Verlangen eine taxmäßige Zeugengebühr.
Art. 176. Die Ablegung eines Zeugnisses können jedoch ablehnen:
1) Ehegakten, Verlobte, Werwandte und Verschwägerte in aufsteigender und abstei-