Full text: Gesetzsammlung für die Fürstlich Reußischen Lande Jüngerer Linie. Dreizehnter Band. 1862-1863. (13)

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Ist bei einem abwesenden Angeschuldigten zu vermuthen, daß im Falle seiner Wle- 
dererlangung der gegen ihn streitende Verdacht sich erhöhen werde, so kann statt der Ent- 
scheidung, daß der Angeschuldigte nicht in den Anklagestand zu versetzen sei, beschlessen 
werden, dah die Sache bis zur Wiedererlangung des Angeschuldigten auf sich beruhen solle. 
Art. 199. Treten die in dem vorigen Artikel gerachten Fälle nicht ein und er- 
scheint der Angeschuldigte insbesondere dringend verdächtig, so ist eir Verweisungs- 
beschluß auf Versehung des Angeschuldigten in den Anklagestand zu ertheilen. Der 
Verweisungsbeschluß hat den Namen des Angeschuldigten, das ihm zur Last. gelegte Ver- 
brechen und das Strafgeseh, nach welchem es zu bestrafen ist. zu bezeichnen. 
In der Bezeichunng des Verbrechens und des Strafgesehes ist das Gericht nicht 
an die Anträge der Staatsanwaltschoft gebunden. Auch ist eine eventuelle Bezeichnung 
des Verbrechens und der anzuwendenden Strasgesetze zulässig- 
Die Ankräge der Staatsanwaltschaft auf Benuhung von Beweiomitteln in der Haupt- 
verhandlung dürfen nicht abgelehnt werden. 
Das Gericht kann jedoch von Amtswegen die Benußung von Beweismitteln in der 
Hauptverhandlung, welche die Staatsanwaltschaft nicht beantragt hat, und die es für er- 
forderlich erachtet, namentlich die Vorladung von Zeugen und Sachverständigen, oder 
auch die Vorlesung der in der Voruntersuchung erstatteten Aussagen von Zeugen oder 
Sachverständigen anordnen. 
Art. 200. Die in den Arl. 197—199 gedachten Entscheidungen sind bei Strake 
der Nichtigkeit mit den Unterschriften der Gerichtsmitglieder, welche an der Beschlußfas- 
sung Theil genommen haben, zu versehen. 
Weicht die Entscheldung des Gerichtes von den Anträgen der Staatsanwalsschaft 
ab: so ist dieselbe der letzteren sofort mitzutheilen. 
Die Anklagekammer theilt den Verweisungsbeschluß nebst den Akten dem Ober- 
Staatsanwalte mit, welcher sodann die Anklageschrift zu entwerfen hat. 
Art. 201. Die Anklageschrift und der Verwessungsbeschluß ist dem Angeklagten, 
bei Strafe der Nichtigkeit — vorbehältlich des Verfahrens bel abwesenden Angeklagten 
(Art. 2186) — mit der mündlichen oder schriftlichen Aufforderung mitzutheilen, diesenigen 
Beweismittel, welche er zur Hauptverhandlung herbeigeschafft, inobesondere die Zeugen, 
welche er vorgeladen zu sehen verlangt, binnen einer zu bestimmenden Frist anzugeben, 
damit dieselben zur Hauptverhandlung herangezogen werden können. Dem Angeklagten 
ist dabei zu bemerken, daß, wenn er die Benennung der Beweismittel in der gestellten 
Frist versäumt, ihm überlassen bleibe, dieselben zur Haupwerhandlung selbst mitzubringen. 
Der Verweisungsbeschluß kann auch durch Vorlesen bekannt gemacht werden. 
Die Ladung zur Hauptverhandlung wird entweder mit Zusertigung der Anklage- 
schrift verbunden, oder sie erfolgt später. 6%
	        
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