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nächst minder nachthelligen solange zugezählt, bis sich eine Mehrhelt erglbt. Ist es zwel-
felbaft, welche Meinung nachtheiliger sei, so ist darüber besonders abzustimmen, wobel die
Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsipenden den Ausschlag gibt.
Alles bel Strafe der Nichtigkeit.
Art. 251. Findet das Gericht, daß ein unbercchtigter Ankläger aufgetreten (An.
207 Nr. 2) oder daß die in dem Verweisungserkenntnisse aufgeführte That durch kein
Strafgesetz verboten ist, so spricht es, ungeachtet des vorliegenden Verweisungserkennt-
nisses den Angeklagten jeht noch von der Anklage frei, wenn nicht bereits, eine entgegen-
stehende Entscheidung des Ober-Appellations-Gerichtes ergangen ist (Art. 211).
Das Gericht spricht ferner den Angeklagken frei, wenn es dafür hält, daß der That-
bestand des Verbrechens nicht hergeslellt, oder die Thäterschaft nicht erwiesen sei, oder daß
Umstände vorliegen, welche die Strafbarkeit aufheben.
Privatrechtliche Ansprüche, welche dem Strafoerfahren angeschlossen waren, sind in
dlesell Fällen zu etwaiger weiterer Verfolgung vor dem Civil-Richter vorzubehalten.
Der durch das Urtheil Freigespxochene ist, wenn er verhaftet war, sofort in Frelheit
zu setzen, sofern nicht noch ein anderer Grund zu seiner Verhaftung vorliegt, oder die
ausschiebende Wirkung eines Rechtsmitkels in den Weg tritt (Art 321).
Der Frelgesprochene kann wegen desselben Verbrechens ulcht noch einmal in Anklage
genommen und vor Gericht gezogen werden; vorbehältlich der Fälle, wo elne Wiederauf-
nahme der Untersuchung zuläsig ist (Art. 335, 336).
Art. 255. Ergibt die Hauplverhandlung, daß der Angeklagte einer anderen That
oder eines anderen Verbrechens schuldig ist, als in dem Verweisungserkenntnisse enkhalten
ist, so wird derselbe, vorbehältlich der in dem folgenden Artkkel geordneten Ausnahmen,
zwar von der erhobenen Anklage freigesprochen, es bleibt jedoch dem Staatsanwalte die
weltere Verfolgung der anderen That oder des anderen Verbrechens vorbehalten und es
ist auf seine diesfallsigen Anträge das Geeignete zu verfügen.
Das Gericht kann jedoch, nachdem es die Staatsanwaltschaft deßhalb gehort hat,
auch zur sofortigen Urtheilsfällung über die audere That oder das andeie Verbrechen
schrelten, wenn es nicht dafür hält, daß die Sache vor ein Geschwornengericht gehöre,
welchen Falles dieselbe an die Anklagekammer des Appellations-Gerichts zur Erthellung
eines neuen Verweisungsbeschlusses abzugeben ist.
Art. 256. Ergibt die Hauptverhandlung, daß zu dem in dem Verweisungser=
kennlnisse bezelchneten Verbrechen erschwerende Umstände hinzutreten, welche dasselbe zu
elnem ausgezeichneten Verbrechen derselben Art machen, oder die Anwendung eines höhe-
ren gesehlichen Strafsapes bei demselben Verbrechen rechtserligen, so hat das Gerlcht über
das Verbrechen in dieser Beschaffenheit abzuurlheilen; es sei denn, daß wegen der neu