32 Das Deutsche Reich uud seine einzelnen Glieder. (Februar 5. 7.)
§ 1. Zur Verhütung der Einschleppung der San José Schildlaus
(Aspidiotus perniciosus) ist die Einfuhr lebender Pflanzen und frischer
Pflanzenabfälle aus Amerika, ferner der Fässer, Kisten und sonstigen Gegen-
stände, welche zur Verpackung oder Verwahrung derartiger Waren oder
Abfälle gedient haben, bis auf weiteres verboten. Das Gleiche gilt von
Sendungen frischen Obstes und frischer Obstabfälle aus Amerika, sowie von
dem zugehörigen Verpackungsmaterial, sofern bei einer an der Eingangs-
stelle vorgenommenen Untersuchung das Vorhandensein der San José Schild-
laus an den Waren oder dem Verpackungsmaterial festgestellt wird. Auf
Waren und Gegenstände der vorbezeichneten Art, welche zu Schiff ein-
gehen und von dem Schiffe nicht entfernt werden, findet das Verbot keine
Anwendung.
§ 2. Der Reichskanzler ist ermächtigt, Ausnahmen von diesem Ver-
bote zu gestatten und die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln anzuordnen.
Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Ver-
kündigung in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter-
schrift und beigedrucktem Kaiserlichem Insiegel. Gegeben Berlin, den
5. Februar 1898. Wilhelm.
Graf von Posadowsky.
5. Februar. (Kiel.) Infolge eines Sturmes kentert eine
Dampfpinasse, wobei 12 Mann ertrinken.
Anf. Februar. (Berlin.) Das Reichsmarineamt veröffent-
licht eine Denkschrift über die Ausgaben für Flotte und Landheer
und ihre Stellung im Haushalt der wichtigsten Großstaaten.
Die Denkschrift zerfällt in drei Teile: I. Die Entwicklung der Aus-
gaben für Landesverteidigung und Schuld in den Großstaaten; II. die
öffentlichen Ausgaben nach ihrer konkreten Zweckbestimmung, und III. die
Deckung der öffentlichen Ausgaben in den Großstaaten. Ein Schlußwort
faßt die Ergebnisse der Erörterungen zusammen, eine große Anzahl von
Tabellen und graphischen Darstellungen gibt eine augenfällige Erläuterung
des Gesagten. Als Zweck der Denkschrift wird bezeichnet, die Bedenken zu
erörtern, welche gegen die Erhöhung der Ausgaben für die Marine erhoben
worden sind in der Annahme, daß der bisherige Aufwand des Deutschen
Reiches für Heer und Flotte bereits unverhältnismäßig groß sei, die Aus-
gaben für kulturelle Zwecke in unzuverlässiger Weise beschränke und die
Steuerkraft übermäßig in Anspruch nehme. Als Ergebnis der sorgfältigen
Untersuchung wird angeführt: 1) Die bisherigen Ausgaben für die Kriegs-
flotte in Deutschland stehen hinter denjenigen aller europäischen Großstaaten
mit Ausnahme von Oesterreich, und hinter denen der Vereinigten Staaten
zurück. Sie entsprechen in keiner Weise der Bedeutung, welche die deutschen
Seeinteressen im Verhältnis zu denjenigen anderer Staaten besitzen. 2) Es
hat sich gezeigt, daß die Aufwendungen für Landesverteidigung einschließlich
derjenigen für die Schuld in Deutschland gegenüber anderen Großstaaten
sehr mäßige sind; im Verhältnis zur Gesamtheit der öffentlichen Ausgaben
sind dieselben sogar niedriger, als irgendwo selbst. 3) Die Belastung der
deutschen Bevölkerung durch öffentliche Abgaben ist geringer, und zwar zu-
meist sehr viel geringer, als in irgend einem anderen europäischen Groß-
staate oder in der nordamerikanischen Union. („Tägl. Rundschau“.)
7. Februar. (Preuß. Abgeordnetenhaus.) Erste Be-
ratung des Gesetzentwurfs betr. die Disziplinarverhältnisse der
Privatdozenten.