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petenz überschreitet, oder eine höhere Strafe erheischt als nach § 2 des Gesetzes
von ihr festgesetzt werden darf, oder endlich, daß der Fall aus besonderen
Gründen, z. B. wegen seiner Kompliziertheit, zum Erlaß einer Strafverfügung
sich nicht eignet.
Darüber, unter welchen Voraussetzungen bei gleicher sachlicher und ört-
licher Zuständigbeit die Befugnis des Landratsamts zum Erlaß einer Straf-
verfügung derjenigen der Ortspolizeibehörde vorgeht, haben die Landratsämter
durch Verfügungen allgemeiner Art oder im Einzelfalle zu befinden.
Befindet sich ein Landgemeindevorstand im Zweifel über die tatsächliche
oder rechtliche Beurteilung eines Falles, oder ist derselbe nach seiner Ansicht
überhaupt nicht strafbar (s. oben Abs. 1), so hat er die Entschließung des vor-
gesetzten Landratsamts stets einzuholen.
2.
Bei der Prüfung der Zuständigkeitsfrage haben die Polizeibehörden
besonders zu erwägen, ob die zur Anzeige gebrachte libertretung auf Grund von
Sondervorschriften in den ausschließlichen Geschäftsbereich einer anderen Polizei-
behörde
— z. B. der MWasserpolizeibehörde, § 16 des Gesetzes vom
29. Juli 1852, betreffend den Organismus der Verwaltungs-
behörden (Gesetzs. Bd. IX. S. 131 ff.), 8 06 des Gesetzes vom
6. April 1872, betreffend die Benutzung des Wassers (Gesetzs.
Bd. XVII. S. 13 ff),
des Bergamtes, einer Stenerbehörde, der Landstraßenpolizeibehörde,
88 3b, 16 des zitierten Gesetzes vom 29. Juli 1852, 8 14 der
Dienstanweisung für die Gendarmerie vom 2. Juni 1894, der
Jagdpolizeibehörde, § 53 des Jagdgesetzes vom 7. April 1807
(Gesetzs. Bd. XXII. S. 91 ff.) —
fällt, oder ob der Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung überhaupt zulässig
ist (vergl. § 29 des Reichogesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874, 8§8 148
Abs. 2, 140 Abs. 2 der Gewerbeordnung).
3.
Beschließt die Staatsamvaltschaft, in einer nach Ziffer 1 Abs. 1 dieser
Verordnung an sie abgegebenen Sache die öffentliche Klage nicht zu erheben, so
hat sie die Verwaltungsbehörde hiervon zu benachrichtigen.